
Die historische Region der Bukowina im Grenzgebiet des heutigen Rumänien, der Ukraine und der Republik Moldau ist vor allem sehr ländlich geprägt. Hinter jedem bewaldeten Hügel wartet bereits der nächste. Nur wenige, kleine Ortschaften durchbrechen das grüne Idyll. Doch neben der frischen Luft zieht mich vor allem eine Besonderheit in diese eher abgelegene Region: die Moldauklöster.
Im 15. und 16. Jahrhundert ließ der Woiwode des Fürstentums Moldau Stefan der Große eine Reihe von beschaulichen Kirchen und Klöstern in seiner Heimat errichten. Der Legende nach kam für jede erfolgreiche Militäraktion ein Gotteshaus dazu. Vielleicht eine Art Aberglaube? Das Geheimnis hat er wohl mit ins Grab genommen.
Heute gibt es noch 40 der Moldauklöster, wovon es 8 geschafft haben einen gemeinsamen Titel als Weltkulturerbe der UNESCO als besonders schöne Beispiele rumänisch-orthodoxer Kirchen zu ergattern.
Sie alle liegen im Nordosten Rumäniens und sind nur durch kurze, meist holprige Autofahrten voneinander getrennt. Man kann also einige der Kirchen entspannt im Rahmen eines Tagestrips besuchen.
Nachfolgend habe ich die Weltkulturerbesätten aufgelistet. Die ersten vier habe ich mir während meines Roadtrips durch Rumänien anschauen können:
Tipp: viele der spannenden Attraktionen Rumäniens sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum zu erreichen. Das gilt auch für die Moldauklöster, die man am besten (ausschließlich) mit dem eigenen Auto besucht!
Was die Klöster aus meiner Sicht so besonders macht, sind die vielen Fresken, die die gesamte Fassade verzieren. Das gilt sowohl für den Außen- als auch Innenbereich. Doch diese farbenfrohen Abbildungen von Szenen und Ikonen sind nicht nur reine Dekoration. Hinter ihnen versteckt sich ein genauso banaler wie genialer Grund. Die Bevölkerung im späten Mittelalter ist zu großen Teilen analphabetisch, nur wenige können Lesen und Schreiben. Doch die Fresken zeigen lebhaft verschiedene Szenen aus der Bibel, aber auch aus dem Leben des Fürsten. Somit ist es allen möglich, die Geschichten der heiligen Schrift visuell wahrzunehmen und zu verstehen.
Trivia: einige der Fresken sind neben den Abbildungen auch durch Schrift ergänzt. Überraschend finde ich aber die Tatsache, dass die Schriften kyrillisch sind. Das liegt daran, dass die rumänische Sprache anfangs die Schrift der ebenfalls orthodoxen Nachbarländer übernommen hat. Erst im 18. Jahrhundert hat verstärkt durch den Einfluss der deutschstämmigen Siebenbürgener Sachsen eine Variante der Lateinischen Schrift etabliert.
Was liegt wo?
Rot: Kloster
Lila: Kloster (nicht besichtigt)
Moldauklöster der Bukowina
Kloster Humor
Das Frauenkloster ist Maria Himmelfahrt gewidmet und wird auch weiterhin aktiv für die lokale Gemeinde orthodoxer Christen genutzt. Da unser Besuch auf einen Sonntag fällt, finden wir uns auch mitten in der Predigt wieder. Doch anders als bei meinem Besuch der Stadtpfarrkirche ich Hermannstadt findet die Ansprache nicht auf deutsch statt – ich verstehe also kein Wort und begnüge mich mit dem erkunden der kleinen Kirche.
Die Kirche selbst hat keinen Glockenturm und ähnelt in ihrer Bauform auch sonst keiner der anderen christlichen Gotteshäuser, die wir in Rumänien gesehen haben.
Durch den offenen Vorbei gelangt man in den Gemeinderaum, hinter dem der Altarraum liegt. Im Inneren ist es sehr dunkel, nur wenig Licht gelangt durch die kleinen, schießschartenartigen Fenster, unterstützt durch das flackernde Licht vieler (teils elektrischer) Kerzen.
Das besondere an dem Kloster: es ist eines der ersten in Rumänien, dessen Fassaden vollständig mit Bibelgeschichten verziert wurden. Allerdings ist der Zustand der meisten Fresken im Außenbereich besorgniserregend, an der Nordseite sind gar keine Bilder mehr zu erkennen. Diese sind soweit verblasst und von der Witterung weggespült, dass man sie wohl nicht mehr restaurieren kann.
Kloster Voroneț
Vom Kloster Voroneț ist eigentlich nur noch die Kirche des Heiligen Georg im Zentrum vorhanden – die weiteren Klostergebäude sind im Lauf der Zeit verschwunden.
Doch der Besuch lohnt allemal, denn die Kirche ist eine der herausragendsten in Punkto Fresken. Die mittelalterlichen Fresken sind so beeindruckend wie bei keiner anderen Kirche der Moldauklöster der Bukowina. Die gesamte Fassade ist in einem tiefen, für die Moldauklöster einzigartigen blau gehalten – in Rumänien wird es deshalb auch als Voroneț-Blau bezeichnet.
Bemerkenswert ist auch die Westseite, mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts. Hier darf man kurz Innehalten und seiner Phantasie und Interpretation freien lauf lassen.
Moldovița Kloster
Das Kloster von Moldovița ist von der Lage her eines der schönsten. Es liegt in einem kleinen Dorf umgeben von mehreren grünen Hügeln, die Teils von dichten Wäldern und teils von grasenden Kühen bedeckt sind. Auch der Klostergarten selbst ist absolut schön angelegt. Mit vielen Bäumen und einem bunten Rosensträuchern wird die Kirche selbst beinahe zum Nebendarsteller.
Besonders ist hier neben der feinen Anlage vor allem die Tatsache, dass auch im Innenraum fotografiert werden darf. Das war in den anderen Kirchen untersagt. Sicherlich liegt das auch daran, dass die Klöster aktiv von Nonnen betrieben werden und man diese durch seinen Besuch so wenig wie möglich im Ausleben ihrer Arbeit beeinträchtigen sollte.
Der Altarraum ist dunkel, Licht dringt nur von den kleinen Fenstern des Turms über dem Raum ein. Dadurch wandert der Kopf wie automatisch in den Nacken, der Blick gen Himmel. Und nun hat der Architekt den Gläubigen da, wo er ihn haben will. Denn ganz zentral, oben an der Decke des Turms da schaut Jesus sozusagen aus dem Himmel auf einen hinab.
Das verstärkt das ehrwürdige Gefühl, welches den Aufbau wahrscheinlich aller Gotteshäuser bestimmt.
Ein Hingucker unter all den Fresken ist die Darstellung der Belagerung Konstantinopels.
Eckdaten
Location: hier
Kosten: 5 Lei (ca. 1€)
Dauer: 1h30 mit einem kleinen Spaziergang auf die umgebenen Hügel
Sucevița Kloster
Das Kloster in Sucevița setzt noch mal neue Maßstäbe. Hier sind es aber nicht ausschließlich die schönen Fresken die mich begeistern, sondern der gesamte Komplex. Das aktive Frauenkloster ist umgeben von einer großen rechteckigen Schutzmauer mit massiven Wehrtürmen. Die Mauern dienen nicht nur als Schutz, sie beherbergen auch viele Wohn- und Arbeitsräume der Nonnen.
Die Kirche selbst ist wieder schnell erkundet, die Moldauklöster ähneln sich oberflächlich sehr stark. Verlässt man die Mauern in Richtung Süden findet man einen kleinen Pfad einen Hügel hinauf. Der Pfad führt bis zu einer Art Gipfelkreuz am Waldrand. Von hieraus genieße ich den fantastischen Blick auf das Kloster und wie es im Tal der bergigen Bukowina steht. Hier lässt sich auch die Verteidigungsanlage besonders gut erkennen und man kann erahnen, welche Bedeutung das Kloster als Bastion zum Schutz vor einfallenden Feinden aus dem Osten gehabt haben muss.
Auf dem Rückweg komme ich an einem kleinen Friedhof außerhalb der Klostermauern vorbei. Auch der ist sehr idyllisch, eine kleine Kirche in ähnlichem Baustil steht in seiner Mitte.
In Summe ist das Kloster Sucevița für mich das Highlight der Moldauklöster.
War noch was?
Wer schon im Norden Rumäniens ist, sollte unbedingt ein paar Stunden weiter Westwärts fahren und sich die Holzkirchen der Maramures anschauen. Ähnlich wie die Moldauklöster sind auch viele von ihnen von der UNESCO als Weltkulturerbe für ihre Bedeutung rumänischer Bautradition geschützt.
Im Osten Rumäniens fließt einer der längsten Flüsse Europas, die Donau, ins Schwarze Meer. Hier am Donaudelta findet man eines der wichtigsten Biosphärenreservate Europas und ein wahres Paradies zur Beobachtung verschiedensten Zugvögel.
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