Die Provinz Asir – Abha und die historischen Dörfer Dhahran Al-Janub und Rijal Almaa
Viele denken bei Saudi-Arabien an trockene Wüstenlandschaften, Kamele und vielleicht noch Dattelpalmen. Und tatsächlich trifft das auch auf große Teile des Landes zu. Doch Asir ist anders. Die Provinz im Südwesten von Saudi Arabien ist von einem Gebirge durchzogen, welches sich auf bis zu 3.000m Höhe erstreckt. Hier befinden sich auch die höchsten Berge des Landes: Dschabal Sauda und Ferwa
Aufgrund der Höhe ist das Klima auch milder und die vom Meer kommenden Wolken regnen sich hier ab. Dadurch ist Asir eine der grünsten Provinzen von Saudi Arabien, in denen auch ohne große Wasserprobleme Landwirtschaft und Viehzucht betrieben werden können.
Hier sind es daher auch nicht Kamele, auf die man beim Fahren aufpassen muss. Denn am Straßenrand toben regelmäßig Pavian-Gangs auf der Suche nach Nahrung.
Achtung: Paviane können extrem frech werden. Wer für einen Fotostop aus dem Auto aussteigt, sollte es unbedingt abschließen. Die Tiere wissen, dass es dort etwas zu essen geben könnte und öffnen schnell mal eine Tür!
Aufgrund der milden Temperaturen ist Asir vor allem bei Saudis ein beliebter Zufluchtsort im Sommer, um der unbarmherzigen Hitze in den flacheren Landesteilen zu entfliehen.
Aber die Provinz hat noch viel mehr zu bieten, als nur frische Luft. Einige der wichtigen Routen der antiken Weihrauchstraße verlaufen durch Asir und auch Pilger aus dem Jemen durchqueren die Berge auf ihrem Weg nach Makkah und Madinah. Daher finden sich hier viele historische Siedlungen, in denen man eindrucksvoll durch die typische Architektur des Südens der arabischen Halbinsel wandern kann.
Die Straßen durch das Gebirge sind extrem Kurvenreich. Sicherlich nicht unbedingt für Leute geeignet, die im Freizeitpark lieber gemütlich in einem der Schwan-Boote über den Teich fahren.
Für alle anderen kann das Fahren über die Passstraßen hier sehr viel Spaß machen und erinnert uns teilweise an den Roadtrip durch Rumänien, wo es mit dem Transfagarasan Highway einen der coolsten Pässe der Welt gibt!
Was liegt wo
Unterkunft
Gut & Günstig:
Qasr Aldabab Housing
Ca. 38€ / Nacht für ein Apartment mit 2 Betten.
Mittlerer Standard:
OYO Ramz Abha Apartments
Gute Lage, Innenstadt mit Sehenswürdigkeiten kann fußläufig erreicht werden. Apartments mit Küche.
Ca. 60€ / Nacht für ein Apartment mit 2 Betten
Einfach mal gönnen:
Modernes Hotel, Suite mit Whirlpool ab 160€ pro Nacht mit Frühstück.
Mein Trip durch Asir
Dhahran Al-Janub
Die Straße von Najran nach Abha führt durch Saudi-Arabien’s höchstes Gebirge. Und die Fahrt ist nicht nur wegen der Aussichten spannend, die sich am weiten Horizont regelmäßig auftun. Denn entlang der Straße kommen wir immer wieder an Dörfern und Städten vorbei, in denen man noch die traditionelle Bauweise der Region finden kann.
Die mehrstöckigen Häuser bestehen aus einem Gerüst aus dicken Holzbalken, welches mit gepressten Lehmziegeln gefüllt wird. Anschließend wird das Haus noch mit Lehm verkleidet. Innenräume und Kanten werden mit einem Material überzogen, welches nach dem Trocknen stabiler und glatter ist als Lehm und daher auch nicht so leicht abbröckelt. Sonst käme man aus dem Staubsaugen ja nicht mehr raus!
Die charakteristische Bauweise prägt die gesamte Region im Süden des Landes. Und so interessant diese traditionellen Siedlungen auch sind, bringen sie doch entscheidende Nachteile mit sich. Die Gebäude sind äußerst anfällig für Wind und Wetter. Ohne aufwändige und regelmäßige Instandsetzung platzt die trockene Fassade auf. Wasser dringt ein, das Holz beginnt zu faulen und der Lehm wird weggespült. Nach nur wenigen Jahren der Vernachlässigung können die Häuser unbewohnbar werden.
Ein weiteres Problem ist ganz pragmatischer Natur. Wände und Decken verlaufen eben entlang der natürlichen Form der benutzten Holzbalken. Daher gibt es in den Häusern keinen einzigen rechten Winkel – wo soll man denn hier sein IKEA Regal aufbauen? Das, und die Schwierigkeiten nachträglich fließend Wasser und Strom zu installieren, sind ein weiter Nachteil gegenüber modernen Wohnungen.
Daher sehen wir auf dem Weg eben viele vereinzelt stehende traditionelle Häuser in schlechtem Zustand. Nur wenige sehen bewohnt aus. Wenn überhaupt gehören sie zu einem Gehöft und werden als Lagerräume verwendet.
Etwas anders ist das in Dhahran Al-Janub, einer Stadt entlang der Pilgerroute vom Jemen nach Makkah. Zwar sind auch hier alle der traditionellen Häuser bereits verlassen und die Einwohner in den modernen Teil der Stadt umgezogen. Doch der historische Kern konnte vom völligem Verfall bewahrt werden. Und da Saudi-Arabien ambitionierte Ziele beim Ausbau des Tourismus hat, sieht man hier sogar die Bemühungen für den Wiederaufbau.
Beim Spazieren durch die engen Straßen der Altstadt kann man sich das Leben hier früher richtig gut vorstellen. Einige der Häuser stehen auch offen, sodass man einen Blick ins Innere werfen oder sogar für eine bessere Aussicht aufs Dach kraxeln kann.
Doch Vorsicht. Die Restaurierungen fokussieren sich bisher vornehmlich auf die Wiederherstellung der Fassaden. Das heißt zum einen, dass die Innenräume häufig noch voller Schutt sind. Zum anderen aber eben auch, dass Treppen und Decken mitunter instabil sind. Daher sollte man seine Schritte mit Bedacht wählen.
Auch wenn die Stadt momentan noch verwaist ist, kann ich mir das Potential hier gut vorstellen. Sobald mehr Häuser wieder begehbar sind, können hier Cafés, Shops oder sogar Herbergen in bester historischer Lage eröffnen. Dann komme ich gerne wieder!
Eckdaten
Location: hier
Was kostet mich das: kostenlos
Dauer des Besuchs: ca. 2h
Wann besuchen: jederzeit
Al-Jahamah
Weiter geht die Fahrt in Richtung Abha. Doch zuvor machen wir noch einen weiteren Halt in eines der historischen Dörfer. In Al-Jahamah erwartet uns eine ganz andere Bauweise. Hier bilden rote Steine aus den umgebenen Bergen das vorrangige Baumaterial, sodass die Häuser insgesamt einen stabileren Eindruck machen. Dadurch konnte man die Häuser auch höher bauen, einige wirken beinahe wie Türme.
Außerdem wurden in regelmäßigen Abständen Steinplatten in die Fassaden eingebaut. Dadurch kann Wasser besser abfließen und die Bausubstanz wird bei Regen nicht so stark beansprucht.
Eckdaten
Location: hier
Was kostet mich das: kostenlos
Dauer des Besuchs: ca. 1h
Wann besuchen: jederzeit
Die Hauptstadt Abha
Abha ist die Hauptstadt der Provinz Asir – aber sicherlich nicht ihr interessantester Ort. Allerdings ist Abha eine gute Ausgangsbasis, um von hier die Gegend mit verschiedenen Tagestrips zu erkunden. Hier gibt es eine größere Auswahl an Hotels und Restaurants.
Die Stadt bietet aber auch ein paar Sehenswürdigkeiten, mit denen man durchaus einen Tag füllen kann. Ich stelle aber schnell fest, dass der Winter dafür nicht die beste Jahreszeit ist. Das liegt nicht etwa daran, dass mir kalt ist. Viele Saudis kommen im Sommer nach Abha, da hier ein angenehmeres Klima herrscht als in den heißen Wüstenregionen des Landes.
Daher finden auch fast alle Veranstaltungen im Sommer statt und ein Großteil der Infrastruktur ist im Winter geschlossen. Während hier im Juli also der Bär steppt, stehe ich im Januar zumeist vor verschlossenen Türen und Baustellen. Alles, wirklich alles ist geschlossen!
Als erstes geht es auf einen kleinen Hügel im Norden der Innenstadt. Hier steht mit der Shamsan Festung aus der Zeit des osmanischen Reiches eines der ältesten Gebäude der Asir Region. Leider ist die Festung geschlossen und das, was ich durch die Fensteröffnungen einsehen kann erweckt auch mehr den Eindruck einer großen Baustelle.
Dennoch lohnt der Weg hierher. Von der Erhöhung aus hat man eine tollen Ausblick über die Innenstadt und die am Rande liegenden Hügel. Dazu zählt zum Beispiel auch der Green Mountain. Hier kann man per Gondel hochfahren und findet vor allem im Sommer viele Veranstaltungen und Restaurants am Abend.
Location: hier
Weiter geht es in die zentrale Innenstadt. Hier wollte ich mir den Shadda Palast anschauen, der ab 1820 errichtet und dann als Regierungspalast der Region genutzt wurde. Es ist das einzige Gebäude mit Lehmfassade im Stadtzentrum und sticht mit seiner historischen Architektur natürlich heraus.
Heutzutage ist hier ein kleines Museum eingerichtet, welches natürlich ebenfalls geschlossen war. Nur ein kleines Stück weiter steht das Regionalmuseum der Provinz Asir, welches in einem Komplex aus historischen sowie modernen Gebäuden untergebracht ist. Leider ebenfalls geschlossen.
Location: hier
Etwas nördlich vom Regionalmuseum befindet sich der Stadtteil Al Basta. Dieser war eine der ersten ursprünglichen Siedlungen, aus denen sich später die Stadt Abha bildete. Hier stehen noch einige der historischen Wohnhäuser, deren Architektur die Region prägen.
Einige der Häuser sind dem Verfall nahe, andere wurden kürzlich renoviert. Bewohnt ist allerdings keines mehr. Ein Passant erzählt mir, dass hier ein Museumsdorf entstehen soll und daher alle Gebäude, die noch zu retten sind, auch entsprechend hergerichtet werden. Wer also in ein oder zwei Jahren nach Abha fährt, kann hier vermutlich einen arabischen Kaffee trinken und Datteln essen.
Location: hier
Weitere Sehenswürdigkeiten sind der Stadtteil Al Muftaha, ein im traditionellen Stil wieder aufgebautes Viertel mit vielen Cafés und Künstlern – natürlich bei meinem Besuch geschlossen. Wer sein Glück probieren will, es liegt hier.
Außerdem kann man von Abha aus zum Dschabal Sauda fahren, der fälschlicherweise häufig als höchster Berg Saudi-Arabien’s genannt wird und daher ein beliebtes Ausflugsziel ist. Man kann mit dem Auto bis fast nach oben fahren: hier.
Allerdings ist der Dschabal Sauda mit knapp 2998m Höhe tatsächlich nur auf Platz zwei, direkt hinter dem ebenfalls in Asir liegenden Dschabal Ferwa, der nur 3m höher ist.
Rijal Almaa
Nur eine Autostunde entfernt liegt das Museumsdorf Rijal Almaa. Die ehemalige Handelsstadt besticht mit ihrer ganz eigenen Bauweise. Die Häuser sind aus dunklem Stein, Lehm und Holz gebaut und erreichen bis zu 8 Stockwerke. Außerdem ist der Ort am Berghang gebaut, wodurch sich wieder dieses sympathisch chaotische Netz aus Wegen, Treppen und fantastischen Aussichtspunkten ergibt.
Für mich das absolute Highlight der Fahrt durch die Provinz Asir!
Rijal Almaa ist von allen historischen Orten in Asir das am besten erhaltene. Der Ort besteht im Prinzip aus zwei Teilen. Zum einen den Hauptplatz, der wie eine Art Amphitheater aufgebaut ist. Von hier kann man das ganze Panorama von Rijal Almaa anschauen. Auffallend sind insbesondere die hölzernen Fensterläden, die von Haus zu Haus in unterschiedlichen Farben aufleuchten.
Ab hier erstreckt sich der wirklich hervorragend Instand gesetzte Kern. Neben den vielen schönen Häusern, zwischen denen man hier umherläuft, gibt es hier auch Museen und sogar Cafés.
Nur ein wenig weiter südöstlich liegt der verfallene Teil des Ortes. Hierhin gelangt man über eine Straße am oberen Ende, wo bereits einige eingestürzte Gebäude stehen.
Rijal Almaa ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man das historische Erbe erhalten und dann auch touristisch vermarkten kann. Und eigentlich Rijal Almaa auch genau dem, was ich mir auch für die anderen Museumsdörfer wünsche, die ich besichtigt hatte.
Der kleine Ort ist nicht nur bei saudischen Touristen sehr beliebt, sondern neben Jeddah und den Felsengräbern von Hegra eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten des Landes.
Seit 2018 steht Rijal Almaa auch auf der Tentativ-Liste zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Eckdaten
Location: hier
Was kostet mich das: 20 Riyal (ca. 4,70€)
Dauer des Besuchs: 2h
Wann besuchen: 8h00 – 20h00
Weiter geht’s: Ausflüge in die Region
Asir war mein zweiter Stop auf dem Roadtrip. Gestartet bin ich ganz im Süden an der Grenze zum Jemen in der Stadt Najran.
Nur ein paar Stunden weiter nördlich liegt die kleine Provinz Baha. Hier steht das sogenannte Marmor Dorf Thee-Ain in den Bergen – neben Rijal Almaa eine der schönsten historschen Siedlungen mit gut erhaltender traditioneller Bauart, die diesen Teil des Landes ausmacht.
Monica
Danke für den super tollen Blog! Wir reisen im Mai nach Abha und ich freue mich schon riesig. Dein Blog ist in der Wahl der Orte sehr hilfreich. Der Location Link zum Ort Rijal Almaa stimmt nicht, aber ich fand ihn auch so bei Google.
Peter
Hallo Monica, danke für den Hinweis. Habe ich sofort korrigiert.
Viel Spaß in Saudi Arabien!
Fabian Stumpf
Hallo Peter,
ich versuche verzweifelt sehr kleine Orte in Asir zu lokalisieren. Hast du irgendeine Idee wo diese Orte sein könnten, nur das Wadi Baqara konnte ich ungefähr finden:
„Tiwa aber heißt noch heute ein westarabisches Dorf. Es liegt auf dem Jabal Hadi, einem isolierten Höhenzug an der Küstenseite von Asir, den Salibi für den biblischen Berg Horeb hält. Denn ausgerechnet im angrenzenden Wadi Baqara gibt es ein Dorf, dessen Ortsname noch heute den Namen des Berges Horeb festhält. Es heißt Harib.“
Quelle: https://www.spiegel.de/politik/hat-die-bibel-doch-nicht-recht-a-966d5306-0002-0001-0000-000013517075
Vielen Dank vorab.
VG Fabian
Christian
Hi,
wie stufst Du denn die Sicherheitslage im Asir-Gebirge und im Süden Saudi Arabiens ein?
Ich frage, da es ja doch relativ grenznah zum Jemen ist, wo ja aktuell Bürgerkrieg herrscht und laut anderen Berichten mal das ein oder andere Kampfgeschoss rüber nach Saudi-Arabien fliegt. Das Auswärtige Amt rät sogar von Reisen ins Asir-Gebirge ab. Zumindest keine Reisewarnung, aber ein „dringendes Abraten“ hat auch schon eine gewissen Deutlichkeit. Und wie würdest den Trend zwischen 2022, wo Dein Reisebericht erschienen ist und jetzt, 2024? Eher besser oder eher schlechter?
Viele Grüße
Christian