Die Landschaft von Saudi Arabien wird durch die Rub Al-Khali geprägt – immerhin die größte Sandwüste der Welt. Daher konnten sich in der Geschichte Menschen nur dort niederlassen, wo es einen der seltenen gesicherten Zugang zu Trinkwasser gab, den sogenannten Oasen. Entlang dieser Siedlungen hat sich das lukrative Handelsnetz auf der Arabischen Halbinsel aufgespannt. Dadurch kamen die Menschen hier zu großem Wohlstand und es sind wunderschöne Ortschaften mit spannender Geschichte entstanden.
In der modernen Gesellschaft spielen natürliche Wasservorkommen allerdings kaum noch eine Rolle. Menschen ziehen in die großen Metropolen auf der suche nach besseren wirtschaftlichen Bedingungen. Daher verwaisen die meisten der historischen Oasenstädte, wodurch auch die wartungsbedürftigen Gebäude aus Holz, Stroh und Lehm nach und nach verfallen.
Trivia: viele moderne Städte des Landes sind beinahe vollständig von energieintensiven Entsalzungsanlagen zur Gewinnung von Trinkwasser abhängig. In Dschidda stammen 97% des Trinkwassers aus dem Meer!
Seit wenigen Jahren beginnt Saudi Arabien damit, sein touristisches Potential auszubauen. Im Rahmen der Mission 2030 will man Millionen ausländischer Touristen jährlich in das Land locken. Dazu braucht man natürlich Sehenswürdigkeiten – und was bietet sich da mehr an, als eine authentische Oasenstadt in der man sich in Gedanken an das Leben während der vergangenen Jahrhunderte verlieren kann?
Während meines Roadtrips durch Saudi Arabien habe ich einige wahnsinnig spannende Siedlungen mit ganz spezifischen regionalen Baustilen sehen können. Wer sich für historische Städte interessiert, sollte auf jeden Fall in den Südwesten des Landes nach Najran und nach Asir reisen!
Doch auch in der Nähe der Hauptstadt Riyadh wurde einer dieser Orte für Touristen aufbereitet: das Heritage Village Ushaiqer.
Unterkunft
Ushaiqer liegt weniger als 2h von der Hauptstadt Riyadh entfernt und lässt sich daher auch bequem als Tagesausflug besuchen. Wer allerdings wie wir auf der Durchreise ist, findet im benachbarten Shaqra einige Hotels zum Übernachten.
Gut & Günstig:
Heritage Guesthouse Shaqra
Schick dekoriertes, einfaches Hotel. Wäre es damals verfügbar gewesen, hätte ich lieber hier übernachtet, als im Raoum Inn. Doppelzimmer für 40€ mit Frühstück.
Mittlerer Standard:
Raoum Inn Shaqra
Nichts besonderes, aber gut gelegen direkt gegenüber einer Shopping Mall mit Restaurants. Doppelzimmer ca. 75€ pro Nacht
Was liegt wo
Und das kann man hier erleben
Ushaiqer Heritage Village
Das Dorf Ushaiqer ist von einer Mauer mit einer Reihe Wachtürmen umgeben. Durch eines der massiven Holztore gelangt man dann während der Öffnungszeiten in den eigentlichen Ort und kann nun beginnen, einfach wahllos durch die Straßen entlang zu schlendern und sich in dem Labyrinth der historischen Siedlung zu verlieren.
Typisch für Ushaiqer sind die braunen Lehmfassaden mit einer leicht rötlichen Färbung. Fenster und Türen sind nach obenhin dreieckig, genau wie die Zinnen auf allen Dächern. Alle Konturen und dekorative Elemente wie Säulen sind mit einem weißen Material überzogen, wodurch auch hier die Häuser wie Lebkuchen wirken.
In der Geschichte war Ushaiqer vor allem für Gläubige aus Iran, Irak und den heutigen Golfstaaten auf ihrer Pilgerreise nach Mekka von großer Bedeutung. Daher gibt es es für einen solch kleinen Ort eine überraschend große Anzahl an Moscheen. Über 20 sollen es sein. Aus meiner Sicht ist die schönste von Ihnen die Fulaigiyeh Moschee im Herzen des Dorfes.
Location: hier
Einige der nicht mehr bewohnten Häuser wurden von ihren Besitzern selbst auch wieder restauriert und können mittlerweile als Museum besucht werden. Immer mal wieder hängt neben dem Eingang eines der Häuser so etwas wie „xx Historical House“. Leider waren eigentlich alle während meines Besuchs geschlossen. Das lag vermutlich an der durch Corona bedingt niedrigen Anzahl an Besuchern.
Lediglich ein städtisches Museum nahe des Einganges hatte geöffnet. Ich empfand es als nicht besonders gut sortiert, als hätte man einfach alles an altem Kram zusammengesammelt und hier wahllos in verschiedenen Räumen ausgestellt. Viel hatte es mir nicht über das Leben in Ushaiqer verraten können. Allerdings war der Museumsleiter sehr gastfreundlich und hat uns direkt zu Tee und Datteln eingeladen.
Location: hier
Aus Ushaiqer kommt auch die Familie von Muhammad ibn Abdul Al-Wahhab. Er begründete eine Lehre, die sich auf die Rückbesinnung der Regeln aus dem Koran in ihrer ursprünglichen Form fokussiert. Er lehnte es ab, Verhaltensgrundsätze durch Interpretation an die Umstände in der neueren Zeit abzuwandeln oder gar aufzuweichen. Diese strenge Form des Islam lehnt auch alle anderen Strömungen in ihrem Grundsatz ab, wie beispielsweise Schiiten oder Sufis.
Al-Wahhab spielte eine entscheidende Rolle bei der Gründung eines unabhängigen saudischen Staates. Die Verbreitung seiner Lehre half dabei, die militärische und politische Macht seines Verbündeten Mohammad ibn Sa’ud unter den vielen Beduinenstämmen zu festigen. Er war der erste religiöse Führer des neuen Staates. Die Staatsreligion Saudi Arabiens ist nach ihm benannt und heißt Wahhabusmus.
Eckdaten
Location: hier
Was kostet mich das: kostenlos
Dauer des Besuchs: ca. 2h
Wann besuchen: ab 8h00 bis zum Abendgebet
Weiter geht’s: Ausflüge in die Umgebung
Ebenfalls in der Wüste Nefud und nur wenige Fahrtstunden weiter südlich liegt die Oase Jubbah. Hier gibt es eine Reihe von Petroglyphen – also Felszeichnungen – zu entdecken, die einem viel über das Leben der Menschen in dieser Region im Verlauf der vergangenen 12.000 Jahre verraten können.
Die Straße nach Westen führt in die Region Tabuk. Hier kann man in der wohl schönsten Landschaft Saudi Arabiens wandern – dem Wadi Disah mit seinen fantastischen Felsformationen und Palmenwäldern. Außerdem gibt es eine Ausgrabungsstätte einer weiteren nabatäischen Stadt mit einer Reihe von Felsengräbern in Midian bei Al-Bad.
