Ganz im Nordwesten Saudi Arabien’s liegt die Provinz Tabuk etwas abgelegen von den touristischeren Gebieten rund um die märchenhafte Hafenstadt Dschidda und den bergigen Süden in Asir.
Nur die wenigsten Reisenden nehmen die lange zusätzliche Fahrt hierher in Kauf. Dennoch bietet Tabuk eine Vielzahl schöner Orte und Potential für das ein oder andere Abenteuer. Vor allem Freunde einzigartiger Landschaften kommen hier voll auf ihre Kosten. Tabuk grenzt an die Ausläufer des weltberühmten Wadi Rum in Jordanien und kann daher ebenfalls mit unglaublichen Felsformationen aufwarten. Außerdem kann man hier auf biblischen Pfaden wandern oder eben einfach nur die atmosphärische Einsamkeit der endlosen Weite genießen.
Meine Unterkunft: Couchsurfing
Wir entscheiden uns hier im hohen Norden für eine Übernachtung bei einem Couchsurfing Host, den ich über einen gemeinsamen Freund kennengelernt habe. Hamoud ist selbst reisebegeistert und ist bereits viel in der Welt rumgekommen. Ein paar Jahre zuvor war er in Norwegen unterwegs und hatte in einem etwas ländlichen Teil Schwierigkeiten, eine Unterkunft zu finden.
Über einen Bekannten wurde er an einen älteren Mann verwiesen, der wohl Platz in seinem Haus hätte und sich sicher über Besuch freuen würde. Der über 80 Jahre alte Mann, ein Norweger namens Frans, war wohl ein grandioser Gastgeber, die beiden wurden gute Freunde. Zurück in Saudi Arabien hatte sich Hamoud direkt bei Couchsurfing angemeldet, um anderen Reisenden auch eine solche Möglichkeit zu bieten.
Als wir bei Hamoud zu Gast sind werden wir von vorne bis hinten verwöhnt. Wir kommen am späten Nachmittag an und es gibt erstmal ein ausgiebiges Vesper mit allerhand Süßkram, Kaffee, Tee und Obst. Später zum Abendbrot wird extra für uns ein mehrgängiges Menü gekocht. Als ich ihm schrieb hat er sich wohl schon auf den Besuch aus Deutschland gefreut und extra deutsches Bier eingekauft: Becks. Natürlich alkoholfrei. Was für eine tolle Geste. Gerne wären wir länger bei Hamoud zu Gast geblieben!
A propos Gast. Frans, der alte Norweger, war ebenfalls gerade zu Besuch. Da hält mich sich für abenteuerlustig, da man in das noch wenig bereiste und mysteriöse Saudi Arabien fährt. Nur um beim Couchsurifing auf einen 80jährigen zu treffen, der ebenfalls alleine durch das Land reist.
Was liegt wo
Und das kann man hier erleben
Wadi Disah
Wadi Disah ist ganz klar die Hauptmotivation für einen Ausflug in die Region Tabuk. Wadis sind ausgetrocknete Täler, die entweder einst einen ständigen Fluss führten – oder in denen sich nur zu bestimmten Zeiten im Jahr das Regenwasser sammelt. Im Wadi Disah gibt es fast das ganze Jahr durchweg kleine Rinnsale aus dem Gebirge kommend. Diese bilden zwar keinen Fluss in dem Sinne, halten aber den sandigen Boden feucht. Daher ist das Tal wie eine kleine Oase immergrün und ein sehr seltener Anblick im trockenen, von Wüsten überzogenen Norden Saudi-Arabiens.
Doch nicht nur die Oase macht das Wadi Disah zu einem der ganz großen Highlights auf einer Reise durch dieses geheimnisvolle Land. Die grüne Oase schlängelt sich durch wilde Felsformationen. Hohe und kahle Klippen aus ausgewaschenem Sandstein bilden hier eine der spektakulärsten Landschaften, die ich je gesehen habe.
Um das Tal zu erkunden, hat man prinzipiell drei Möglichkeiten:
Natürlich werden wir auf diese Weise das Tal nicht komplett durchqueren können, können aber immerhin auf eigene Faust und im selbstgewählten Tempo einige Kilometer dieser unfassbar aufregenden Landschaft genießen.
Außerdem haben wir zu Fuß auch eher die Möglichkeit, mit ein paar Saudis im Tal in Kontakt zu kommen. Und es vergehen auch nur wenige Minuten, bis wir eine Dattelpalmenplantage passieren und direkt die neugierigen Blicke der Besitzer auf uns gerichtet sind.
Wir wurden direkt auf die Plantage eingeladen, wo wir uns gemeinsam mit einem der Arbeiter etwas umschauen durften. Anschließend wurden wir noch eingeladen mit ihnen Tee zu trinken und natürlich die tollen Erzeugnisse zu verkosten.
Ich versuche ja mit Superlativen sparsam umzugehen. An dieser Stelle möchte ich aber gern sagen, dass ich niemals bisher solch leckere Datteln in verschiedensten Variationen wie in Saudi Arabien gegessen habe.
Außerdem gab es auf der Farm auch noch jede Menge Obstbäume, unter anderem durften wir uns auch bei den reifen Orangen bedienen.
Mitunter sind die Wege auch für Fußgänger etwas schwieriger, da sich immer wieder größere Pfützen bilden und es teilweise nur schwer möglich ist, diese trockenen Fußes zu umgehen. Nachdem wir etwa 8k tief ins Tal hineingelaufen sind, wird die Strecke für unseren Geschmack unpassierbar und wir beschließen, von der Landschaft bereits ausreichend beeindruckt zu sein.
Am Umkehrpunkt finden wir noch einen Fels auf den wir klettern. Bei bester Aussicht machen wir eine kleine Mittagspause mit selbstmitgebrachten Snacks, bevor wir den Rückweg antreten wollen.
Der Rückweg gestaltet sich etwas einfacher als gedacht. Während wir oben auf dem Felsen ein paar Fotos machen, fährt ein Jeep unten vorbei und macht ebenfalls ein Foto von uns. Wir unterhalten uns etwas und die Insassen bieten uns kurzerhand an, uns in Richtung Ausgang mitzunehmen.
Herrlich, wie freundlich und hilfsbereit die Saudis in aller Regel sind. Wir quetschen uns zu den Männern ins Auto und machen uns auf den Weg. Sie kommen aus Riyadh und verbringen ein Männerwochenende im Wadi Disah.
Bevor wir uns verabschieden, suchen wir noch einen schönen Spot für ein weiteres Picknick. Sie wollen uns nämlich noch auf einen Arabischen Kaffee einladen. Die Zubereitung dieser Art von Kaffee ist eine kleine Zeremonie und gilt in diesem Teil der Welt als wichtiges Zeichen der Gastfreundschaft.
Arabischer Kaffee ist eher leicht und mit hell gerösteten Bohnen aufgebrüht. Verfeinert wird das Getränk, was mich eher an Tee erinnert, mit regionaltypischen Gewürzen wie Kardamom, Nelken und Safran.
Dazu gibt es selbstverständlich wieder Datteln, die wir in Sesam-Soße (Tahina) tunken. Eine sehr leckere Kombination!
Trivia: Arabischer Kaffee wird von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe geführt
Eckdaten
Location: hier
Was kostet mich das: Eintritt ist frei. Geführte Jeeptouren ca. 50€/h
Dauer des Besuchs: vor Ort mindestens 4h, um die Landschaft zu genießen.
Wann besuchen: Am besten außerhalb der Mittagsstunden, damit Sonne und Schatten die Felsen noch dramatischer wirken lassen. Kurz vor der Abenddämmerung gibt es hier das beste Licht
Wrack des Catalina Wasserflugzeugs
An der Küste von Tabuk liegt das Wrack eines Catalina Wasserflugzeugs. Es wurde ursprünglich in den 1930er Jahren für einen Einsatz im zweiten Weltkrieg von den USA gebaut. Allerdings ist das nicht der Grund dafür, dass der rostende Flugkörper heutzutage hier liegt.
In den 1950er Jahren wurde das Flugzeug von einem Geschäftsmann gekauft und er hat damit das gemacht, was heute jeder Influencer mit einem Transporter anstellt: er hat sich einen Camper gebaut, nur eben einen mit Flügeln.
Mit diesem fliegenden Hotel brach er zusammen mit seiner Frau und vier Kindern zu einer Weltreise auf. Diese führte ihn 1960 auch an die Nordwestküste Saudi Arabiens. Hier an den schönen Stränden des Roten Meeres landeten sie in der Vermutung, auf saudischem Territorium zu Gast bei Verbündeten zu sein.
Allerdings gab es zu dieser Zeit Spannungen zwischen Israel und Ägypten auf der Halbinsel Sinai und vermutlich hielten die Saudischen Sicherheitskräfte entlang der Küste die Passagiere des Flugzeugs für feindliche Spione und eröffneten das Feuer.
Die Familie versuchte noch mit dem Flugzeug zu fliehen, doch das wurde bereits von mehreren hundert Kugeln sprichwörtlich durchsiebt. Die vielen Einschusslöcher kann man heute noch sehr gut erkennen. Beim Versuch abzuheben zerbrach das Flugzeug in zwei Teile und landete hart wieder auf dem Strand. Dabei zerbrach es in zwei Teile, das Heck liegt heute einige Meter weiter weg auf einer Düne.
Wie durch ein Wunder wurde bei dem Kugelhagel kein Familienmitglied verletzt. Bei ihrer Gefangennahme konnte der Irrtum aus der Welt geschafft und die Familie mit einem großen Trauma im Gepäck wieder zurück in die USA gebracht werden.
Nur das Flugzeug liegt eben Heute noch hier direkt am Strand von Tabuk und kann von Touristen besucht werden. Aber Vorsicht beim Erkunden. Der Rost hat viele scharfe Kanten entstehen lassen. Am besten kommt man dem Wrack nur mit frischer Tetanusimpfung näher
Eckdaten
Location: hier – Um bis zum Wrack zu kommen, muss man das letzte Stück von der asphaltierten Straße runter auf einen Weg am Strand entlang. Der Sand ist aber recht fest und ist auch problemlos mit einem normalen PKW zu befahren.
Was kostet mich das: kostenlos
Dauer des Besuchs: 0h30 vor Ort
Felsengräber von Al Bad
In einer kleinen Taloase mitten in der Region Tabuk befinden sich am Rande der kleinen modernen Ortschaft Al Bad‘ die Ruinen einer antiken Stadt. Es gibt Vermutungen darüber, dass es sich dabei um die Überreste der biblischen Siedlung Midian handeln könne, die vom gleichnamigen vierten Sohn Abrahams gegründet wurde.
Einen wissenschaftlichen Konsens darüber gibt es allerdings noch nicht. Offizielle Ausgrabungen in der Region werden erst seit 2017 koordiniert. Aus diesem Grund ist das Gelände aktuell auch noch nicht für Touristen geöffnet. Am Rand der Ruinen findet man aber dennoch einen guten Grund, den Umweg nach Al Bad‘ in Kauf zu Nehmen.
Das Einflussgebiet der Nabatäer reichte bis weit in das heutige Saudi Arabien hinein. Um Handelswege auszubauen und zu sichern wurden auch verschiedene Siedlungen gegründet. Die bekannteste unter ihnen ist das unbeschreiblich schöne Hegra bei Al-Ula in der Provinz Medina.
Doch auch zwei weitere Orte der Nabatäer sind auf jeden Fall einen Besuch Wert: Dumat Al Jandal in der Al Jouf Region und die Felsengräber hier in Al-Bad‘ auch bekannt als Mugha’ir Shu’ayb in Tabuk.
Immerhin 16 dieser Felsengräber haben die Nabatäer hier hinterlassen. Sie sind zwar bedeutend kleiner und einfacher gehalten, als ihre berühmten Nachbarn. Dennoch weisen viele von ihnen die typischen Dekormerkmale auf. Dazu gehören vor allem die mit Säulen und Symbolen verzierten Eingangsportale, die in die eigentlichen Grabkammern führen. Einige der Säulen münden in ionische Kapitelle, was den großen Einfluss griechischer Kultur in die der Nabatäer aufzeigt.
Viele der Fassaden sind von der Witterung stark in Mitleidenschaft gezogen worden und bereits teilweise eingestürzt. Einige der Dekorationen sind nur noch schemenhaft erkennbar. Es ist klar, dass dieser historische Stätte zu wenig Aufmerksamkeit zum Erhalt zukommt und ohne größeren Aufwand die Felsengräber in einigen Jahren völlig der Erosion zum Opfer fallen könnten.
Eckdaten
Location: hier
Was kostet mich das: kostenlos
Dauer des Besuchs: 1h30 vor Ort
Wann besuchen: Sonntag bis Donnerstag von 10h00 bis 18h00 und Freitag bis Samstag von 16h00 bis 18h00
Weiter geht’s: Ausflüge in die Umgebung
Wir haben Tabuk vom südlicher gelegenen Al-Ula aus kommend erkundet. Dort steht mit den Felsengräbern der antiken nabatäischen Stadt Hegra die vermutlich bedeutendste Touristenattraktion von Saudi Arabien.
Von Tabuk aus führt uns unsere Reise weiter in den mittleren Norden in die Provinz Al Jouf. Hier wollen wir uns eine weitere ehemalige Stätte der Nabatäer anschauen, die später von anderen Handelsvölkern zu einer Festung ausgebaut wurde. Dumat Al-Jandal war sicherlich eines der Highlights auf meiner Reise durch Saudi Arabien.