Ausflug zu den Felszeichnungen (Petroglyphen) von Jubbah
Saudi-Arabien ist ein eines der vielseitigsten Länder der arabischen Halbinsel und führt Touristen durch viele Tausend Jahre der Menschheitsgeschichte. Dabei haben die Kulturen der Vergangenheit unterschiedlichste Arten von Spuren hinterlassen. Seien es Siedlungen und Paläste in der traditionellen Lehmbauweise entlang der alten Weihrauchstraße wie in der Provinz Abha. Oder die fantastischen Felsengräber von Hegra, die die legendären Nabatäer hier für ihre Ahnen hinterließen.
Einen noch weitreichenderen Einblick in das Leben auf der arabischen Halbinsel bieten die Kunstwerke, die in Form von Zeichnungen oder Petroglyphen überall im gesamten Land in Felsen hinterlassen wurden. Die verschiedenen Fundstellen in Saudi Arabien lassen geben uns Heute Rätsel auf, bringen uns zum Staunen oder können sogar lehrreich sein.
Trivia: Bilder, die durch plastisches Bearbeiten in den Fels eingetragen wurden – etwa durch Schaben oder Meißeln – nennt man Petroglyphen. Im Gegensatz dazu entstehen Felsmalereien lediglich durch den Auftrag von Farbe.
Eine der umfangreichsten Fundstellen findet man in der Oasenstadt Jubbah in der Provinz Ha’il im Norden des Landes. Hier erstreckt sich die Wüste Nefud, ein schier endloses, trockenes Gebiet aus Sand und Geröll. Und mitten drin ragt der Fels Jabal Umm Sanman aus dem Sand. Er ist durchzogen von Petroglyphen, welche die Gedanken der frühen Siedler dieser Region über die Jahrtausende hinweg bis Heute festhalten.
Die letzten Tage haben wir in Al-Jouf weit im Norden Saudi-Arabiens verbracht und wollen so langsam zurück zur Hauptstadt Riyadh. Jubbah liegt genau auf dem Weg so ziemlich direkt an der Schnellstraße. Ein idealer Zwischenstopp also, um die lange Fahrt für ein paar Momente an der frischen Luft zu unterbrechen.
Was liegt wo
Und das kann man hier erleben
Das Gelände um den Jabal Umm Sanman ist ziemlich weitläufig und teilweise nur schwer zugänglich. Daher – und auch zum Schutz vor Vandalismus – kann das Gelände nicht frei erkundet werden. Daher wurden an den besonders interessanten Arealen Gehwege in die Wüste gebaut und auch Podeste errichtet, um die höhergelegenen Petroglyphen ohne unnötige Kletterpartien anschauen zu können.
Prinzipiell ist das Gelände an drei Stellen zugänglich. Ein Besucherzentrum gibt es allerdings nur an diesem Haupteingang im Norden. Die anderen beiden Tore sind leider geschlossen und werden scheinbar nur geöffnet, wenn man seinen Ausländervorteil beim Wärter am Haupteingang ausspielt und ganz lieb bitte sagt.
Die Menschen haben im Fels Abbildungen dessen hinterlassen, was sie in ihrer Zeit bewegte. Vorrangig lassen sich hier Abbildungen verschiedener Tiere finden. Aber auch frühe Formen der arabischen Schrift durchziehen große Flächen des Geländes. Vereinzelt gibt es sogar Abbildungen in menschlicher Form, die vermutlich Gottheiten der damaligen Bewohner darstellen sollen.
Die Abbildungen lassen sich auf einen Zeitraum von mehreren Tausend Jahren datieren. Die ältesten stammen aus der Jungsteinzeit (ab ca. 8.000 v. Chr.) bis hin zur Eisenzeit (ca. 1.000 v. Chr.) erstreckt.
Abgesehen von den beeindruckenden Abbildungen als solchen ist vor allem Spannend, was sie uns über das Leben damals erzählen können. Oder in diesem Fall viel mehr über die Veränderung im Lauf der Zeit, die sich aus den Zeichnungen ablesen lassen.
Eine wichtige Erkenntnis ist beispielsweise die Veränderung des Klimas und damit auch der Lebensbedingungen auf der Arabischen Halbinsel. Heute ist Saudi Arabien so trocken wie es nur geht – es gibt exakt null stetige Flüsse im ganzen Land und auch sonst ist die Versorgung mit Trinkwasser eine große Herausforderung.
Ein Beweis dafür, dass es vor einigen Jahrtausenden hier noch ganz anders ausgesehen haben muss, wird durch die ältesten Abbildungen in Jubbah gegeben. Sie zeigen nämlich, dass hier Vogelstrauße gelebt haben. Zwar kommen die Tiere häufig in ariden Teilen Afrikas vor, doch als die Region zunehmend von der Verwüstung betroffen war und Trinkwasserquellen dauerhaft versiegten, konnten die Tiere hier nicht mehr überleben.
Trivia: der Vogelstrauß verließ die flachen Wüstenregionen und zog sich in die feuchteren, bergigen Gebiete der Arabischen Halbinsel zurück. Seit den 1960er Jahren gilt er allerdings auch hier als ausgestorben.
Neuere Abbildungen zeigen dann vor allem Tiere, die deutlich besser an trockene und karge Landschaften angepasst sind. Ein Tier, dass heutzutage auch jeder mit dieser Region verbindet, ist auch das Kamel, welches fortan die Felswände dominiert.
An den Kamelbildern kann man aber noch eine weitere spannende Geschichten ablesen – wie nämlich die Domestizierung der Tiere. Denn zunächst wurden einfache Kamele als einzelne Tiere oder als Horde dargestellt. Im Lauf der Zeit kamen immer Bilder von berittenen Kamelen hinzu, die nun auch für Jagdszenen verwendet wurden.
Mit der zunehmenden Zivilisation und dem überregionalen Handel kamen in den späteren Jahrtausenden aber auch andere Tiere hinzu, die nicht ursprünglich auf der Arabischen Halbinsel zuhause waren. Ein beweis dafür sind Pferde, die als Nutztier hierher importiert wurden.
Insgesamt gibt es in Jubbah mehr als 4.000 Zeichnungen verteilt auf etwa 500 einzelne Fundstellen. Genügend Material also, um über das Leben der Menschen in diesem Gebiet zu lernen. Und darüber, wie der Wandel des Klimas und damit der Lebensbedingungen sie und ihre Umwelt massiv beeinflusst hat.
Eckdaten
Location: hier
Was kostet mich das: kostenlos
Dauer des Besuchs: 1h sollte man mindestens einplanen
Wann besuchen: Donnerstag – Sonntag von 9h00 bis 17h00 und Freitags – Samstag von 15h00 bis 18h00
Weiter geht’s: Ausflüge in die Umgebung
Wenige Autostunden nördlich liegt die Oasenstadt Dumat al-Jandal. Sie gehörte einst zu den Reichen der Nabatäer und Römern, bevor sie im Namen des Islam vom Propheten Mohammad persönlich eingenommen wurde. Die Ruinen sind definitiv einen Abstecher Wert!
Der Autobahn nach Süden gen Riyadh folgend erreicht man auf halbem Wege eine weitere Oasenstadt des historischen komplexen Netzwerks aus Handelsrouten der Arabsichen Halbinsel. Das Ushaiqer Heritage Village wurde von der Regierung als gutes Beispiel regionaler Baukunst restauriert und ist eines der touristischen Highlights in der Umgebung der Hauptstadt des Landes.