Ach Buenos Aires, wie hat mich diese Stadt begeistert. Es ist bereits mitten in der Nacht als ich an einem kleinen Flughafen etwas außerhalb lande. Naja, sagen wir eher sehr weit außerhalb. Verdammt, wo bin ich hier?
Glücklicherweise gibt es im Terminal WLAN, sodass ich mir ein Uber für die Fahrt zu meinem Hostel in der Innenstadt buchen kann. Denn wer will schon Nachts in einer fremden Stadt, für die laut westlichen Medien Vorsicht geboten ist, mit einem Taxifahrer über den Preis streiten?
Es ist eine ruhige Fahrt durch leere Straßen und Buenos Aires sieht überhaupt nicht so aus wie ich es erwartet hatte. Ich dachte an bunte Häuser, ockerfarbene Ornamente und Ziegeldächer, wie ich es aus Lima oder Sucre kannte. Doch ich fand mich in tiefen Häuserschluchten wieder, mit aufwendig verzierten Fassaden und den metallenen Balkongeländern des Jugendstils.
Baires, wie die coolen Kids die Stadt nennen, wird häufig als Paris Südamerikas bezeichnet. Und tatsächlich gibt es vermutlich kaum eine andere Stadt auf dem Kontinent, die europäischer wirkt. Zwar ist Buenos Aires schon zu Kolonialzeiten gegründet worden und war auch Hauptstadt des damaligen Vizekönigreiches von Río de la Plata. Doch war es Langezeit eine kleine kaum bedeutende Stadt mit weniger als 100.000 Einwohnern. Erst spät im 19. Jahrhundert ist die Region durch eine große Einwanderungswelle aus Europa wirklich stark gewachsen und bietet deshalb ein ganz anderes, moderneres Stadtbild, als die anderen historischen Metropolen Südamerikas.
Trivia: etwa 80% der Bevölkerung Argentiniens gehen auf Einwanderer aus dem 19. Jahrhundert zurück. Auch die Sprache hat sich durch die Einflüsse vor allem der italienischen Einwanderer stark gewandelt – Argentinisch ein wirklich schwer zu verstehender Dialekt!
Dabei versprüht beinahe jeder Stadtteil der Millionenmetropole seinen eigenen, unverkennbaren Charme. Historische Gebäude im Zentrum der Stadt um San Telmo und Montserrat, die chaotischen und lebhaften Straßen voller Restaurants und Tango Aufführungen im alten Hafenviertel La Boca und ein ganzes Stadtviertel als große hippe Spielwiese für Gründer von Craft-Beer Bars und Street Art in Palermo. Da ist wirklich für jeden was dabei.
Die Wege sind weit in Baires und nicht alle Distanzen können zu Fuß zurück gelegt werden. Manche Strecken sollte man auch einfach nicht laufen, wenn man seinen Geldbeutel gern behalten möchte. Gut, dass der Nahverkehr hier hervorragend ausgebaut ist. Die Busse haben auf den großen Straßen ihre eigenen Fahrspuren und man rast somit einfach am Stau der Rush-Hour vorbei. Auch verfügt Buenos Aires über die älteste U-Bahn Südamerikas.
Tipp: Um in Argentinien mit öffentlichen Bussen oder der U-Bahn zu fahren braucht man eine SUBE Karte. Diese kann man in fast jedem Kiosk kaufen und mit Geld aufladen. Beim Einsteigen sagt man dem Busfahrer wohin es gehen soll und bezahlt die Fahrt mit der Karte.
Ansonsten bietet sich auch hier die App Uber an. Der Fahrdienst ist in der Regel günstiger als mit dem Taxi. Außerdem werden Strecke und Preis bereits im Vorfeld in der App berechnet, sodass hier die Diskussion mit dem Fahrer entfällt. Außerdem wird jede Buchung online registriert, sodass Fahrt und Fahrer zurückverfolgt werden können. Dadurch läuft man auch weniger Gefahr, Opfer eines Raubüberfalls durch illegale Taxis zu werden. Ein Gedanke, der in südamerikanischen Großstädten nicht ganz abwegig ist.
Tipp: Uber Fahrer bitten den Fahrgast stets vorn auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Denn sie wollen nicht als Uber Fahrer erkannt werden. Zwar ist der Dienst anders als in Deutschland nicht direkt illegal, doch zieht die billige Konkurrenz schnell den Zorn der Taxifahrer auf sich. Und das kann bei den emotionalen Lateinamerikanern schnell unangenehm werden.
Was liegt wo
Meine Unterkunft: Che Juan Hostel BA
Das Beste Hostel Argentiniens denke ich. Es ist modern eingerichtet und hat wirklich alle Schikanen, die man sich in einem Schlafsaal wünscht. Vorhänge vor den Etagenbetten, einen Safe am Bett mit eigener Steckdose und Ablagefach für das Handy während der Nacht. Klingt nicht nach viel, ich vermisse diese Dinge aber immer schmerzlich, wenn sie in den billigen Hotels fehlen.
Außerdem gab es hier das beste, sogar einzig als wirklich gut zu bezeichnende Frühstück meines Trips. Frisch gepresste Säfte, Obst und Pancakes sowie Kaffee, der nicht so bitter ist, dass sich einem die Fußnägel aufstellen. Ich könnte kaum noch begeisterter sein.
Das Hostel liegt auch mitten in der Innenstadt. Das historische Zentrum ist fußläufig erreichbar und für alles andere gibt es nahegelegene U-Bahn und Bus Haltestellen.
Highlights in Buenos Aires
Centro – das historische Stadtzentrum
Plaza de Mayo
Nahezu jede größere lateinamerikanische Stadt erstreckt sich um einen zentralen Platz. Hier werden wichtige Kundgebungen abgehalten und in der Regel ist dieser auch die erste Anlaufstelle für wütende Mobs auf der Suche nach einem Ventil für Ihre Unzufriedenheit mit der Regierung.
In Mexiko heißen diese in der Regel Zocalo, auf dem Südamerikanischen Kontinent dagegen häufig Plaza de Armas. Im speziellen Fall von Buenos Aires wurde diese zu Ehren der Mai-Revolution von 1810, die zur Unabhängigkeit Argentiniens von der Spanischen Krone führte, in den Plaza de Mayo umbenannt.
Hier schlägt nicht nur das Herz der Stadt, sondern auch ihr Gehirn. Zumindest ein Teil davon. Denn hier steht der Regierungspalast, das Casa Rosada – das Rosa Haus, vornehmlich erkennbar an seiner auffällig rosafarbener Fassade.
An der Nordseite des Platzes steht die Catedral Metropolitana de Buenos Aires. Im Duschgel der Großstadt wirkt der Sakralbau fast schon unscheinbar. Doch sie ist aus zweierlei Gründen etwas Besonderes. Bis 2013 war hier Jorge Mario Bergoglio im Amt des Erzbischofs – heute ist er besser bekannt als Papst Franziskus.
Des Weiteren steht im Inneren der Kathedrale das Mausoleum des José de San Martín. Er war zusammen mit Simon Bolivar der zweite große Anführer der Unabhängigkeitsbewegung der hispanischen Kolonien. Er war der Anführer der Bewegung, die zur ersten frei gewählten Regierung Chiles geführt hat und konnte in Zusammenarbeit mit Bolivar auch die Unabhängigkeit Perus sicherstellen.
Zwar war er nicht an der Mai Revolution und somit der Unabhängigkeit Argentiniens beteiligt, da er aber dort geboren wurde, gilt er aufgrund seiner Bedeutung für die Region Heute als Nationalheld.
Das Casa Rosada ist der Sitz der heutigen Regierung Argentiniens. Passender Weise, beinahe als Mahnmal, steht ihm gegenüber am anderen Ende des Parks das Cabildo de Buenos Aires. In diesem Gebäude saß zu Kolonialzeiten die Regierung des Vizekönigreichs Río de la Plata. Heute ist in dem Gebäude aus dem frühen 17. Jahrhundert das Museum der Mai Revolution untergebracht. Der Eintritt ist frei und vom Balkon hat man einen tollen Blick auf die Kathedrale.
Prunkstraße Avenida de Mayo
Vom Plaza de Mayo aus geht’s über die etwa 1,5km lange Avenida de Mayo zum Platz des Kongresses. Die Straße wurde im Stile französischer Boulevards errichtet und soll nicht nur die Funktionsorgane der Regierung miteinander verbinden, sondern auch deren Glanz und Gloria ausstrahlen. Eigentlich.
Denn während ich die von Platanen gesäumte Allee hinunterlaufe, vorbei an der langen Schlange vorm Café Tortini (dem ältesten Café der Stadt) und der ehrwürdigen Architektur im Jugendstil, wird vor allem hier der soziale Konflikt Argentiniens spürbar.
Vor kaum 100 Jahren war Argentinien noch eines der wohlhabendsten Länder der Welt. Doch in jüngster Vergangenheit wurde das Land durch gleich mehrere schwere Wirtschaftskrisen stark angeschlagen. Und so kommt es, dass beinahe jede freie Fläche der Bürgersteige, der kleinen Grünanlagen und jedes schattige Plätzlichen im Park vor dem Kongressgebäude belegt ist. Belegt mit Matratzen der vielen Obdachlosen, die sich hier ganz offensichtlich auf einen längeren Aufenthalt mitten im Herzen der Hauptstadt eingerichtet haben.
Ein besonders schönes Gebäude ist der Palacio Barolo. Die kunstvolle Fassade bedient sich zwar verschiedner Stilrichtungen, jedoch lässt sich vorrangig der überschwängliche Gebrauch von Verzierungen feststellen, wie er im Art Déco Stil typisch ist: das Überflüssige ist notwendig. Mehr ist eben doch mehr.
Die aufwendige Dekoration hört aber auch im Inneren nicht auf. Die Etagen des Bürogebäudes sind Dantes Göttlicher Komödie nachempfunden und unterteilt sich entsprechend in die Bereiche: Von der Hölle, über das Fegefeuer bis hin zum Paradis in den oberen Stockwerken.
Auch die Höhe des Bauwerkes ist hieran angelehnt: exakt 100m entsprechen den 100 Gesängen aus Dantes Werk. Damit war der Palacio Barolo bei seiner Fertigstellung das höchste Gebäude Südamerikas.
Trivia: das Gebäude wurde im Übrigen von einem deutschen Bauunternehmen errichtet.
Nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt, am gegenüberliegenden Ufer des Río de la Plata, liegt die Uruguayische Hauptstadt Montevideo. Ihr Wahrzeichen, der Palacio Salvo wurde wenig später vom selben Architekt entworfen. Hierbei ist er buchstäblich über sich hinausgewachsen und hat noch einmal 5m drauf gepackt, um somit seinen eigenen Titel für das höchste Gebäude Südamerikas für immerhin weitere zehn Jahre einzustellen.
Die Höhe der beiden Schwestergebäude hat auch einen guten Grund. Auf den Türmen befindet sich jeweils ein Leuchtturm, der noch aus weiter Entfernung sichtbar ist und Besucher bei der Einfahrt vom Atlantik kommend bei der Einfahrt in den Río de la Plata willkommen heißen sollte.
Tipp: zu bestimmten Zeiten ist es möglich, an einer geführten Tour durch den Palacio Barolo teilzunehmen. Termine und Tickets gibt es hier
Während ich die Avenida de Mayo entlang laufe, fällt mir in einiger Entfernung ein bekanntes Porträt auf. Die Fassade des Ministeriums für Gesundheit ist geschmückt mit dem riesigen Konterfeit einer weiteren, auch aktuell sehr bedeutenden Nationalheldin: Eva „Evita“ Peron.
Kurzer Auszug zu Evita: wer war Argentiniens Idol?
Eva, wie sie eigentlich heißt, war als junges Mädchen nach Buenos Aires gekommen, um ihr Glück als Schauspielerin zu finden. Zunächst konnte sie nur kleinere Rollen ergattern und fand eine feste Stelle als Moderatorin im Radio. In diesem Rahmen machte sie Bekanntschaft mit dem damaligen Arbeitsminister – Juan Perón, dessen Geliebte sie wurde.
Selbst ein Kind aus armen Verhältnissen, war sie geschickt im Umgang mit Argentiniens kleinen Manne. Über ihre Tätigkeit beim Radio erreichte sie eine breite Masse an Gleichgesinnten aus der Arbeiterschicht und konnte dadurch den politischen Einfluss Peróns weiter ausbauen.
Aus Sicht der amtierenden Militärs zu einflussreich, wird Perón verhaftet und soll vor ein Militärgericht gestellt werden. Eva mobilisiert daraufhin verzweifelt Massenkundgebungen und Streiks mit hunderttausenden Menschen. Sie wird kurzerhand zur Anführerin einer großen Demonstrationsbewegung.
Und ab hier läuft alles wie in einem Märchen mit tragischem Ausgang: Perón kommt frei und wird kurz darauf demokratisch zum Präsidenten Argentiniens gewählt – und nimmt Eva zur Frau, der Primera Dama. Die großen Theater des Landes rückten in den Hintergrund und es war die politische Bühne, auf der sie ihre Talente ausspielte.
Sie nutzt ihren Einfluss um vor allem für die Rechte der Frauen und deren Integration in das Öffentliche Leben einzustehen. So ist es auch Eva zu verdanken, dass es in Argentinien ab 1947 das Frauenwahlrecht gibt.
Ihr soziales Engagement galt insbesondere den Ärmsten und Mittellosen im Land, den sogenannten Descamisados. Sie ließ über ihre eigene Stiftung soziale Infrastruktur in ärmeren Gegenden errichten. Schon bald vergöttert die Bevölkerung ihre Evita (das spanische Kosewort für Eva).
Doch die Karriere der aufstrebenden Persönlichkeit wird durch eine unheilbare Krebserkrankung ein jähes Ende bereitet. Im zarten Alter von 33 Jahren verstirbt Evita. Doch die politische Idee mit einer ausgeprägten sozialen Sensibilität lebt bis Heute weiter. Das Phänomen Peronismus ist nach wie vor ein emotionaler Gedanke in den Köpfen vieler Argentinier.
Auch nach ihrem Ableben noch war Sie, oder vielmehr ihre Gebeine, ein Dorn im Auge der Militärdiktaturen die Argentinien zeitweise wieder regieren sollten. Daher musste sie für viele Jahre nach Spanien in Sicherheit gebracht werden, um auch im Tode ihren Einfluss zu schmälern. Erst 1974 wurde sie schlussendlich auf dem Friedhof im Stadtteil Recoletta beigelegt, ihr Grabmal kann dort besucht werden.
Trivia: unter der musikalischen Feder des britischen Komponisten Andrew Lloyd Webber (u.A. das Phantom der Oper) entstand 1978 ein Musical über Argentiniens moderne Heldin mit dem gleichnamigen Titel Evita. Einige der Lieder aus dem Stück wurden auch außerhalb des Musicals zum Welterfolg, etwa Madonnas Interpretation von Don’t Cry for me Argentina.
La Boca
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts betrieb die Argentinische Regierung ein Werbeprogramm, um Einwanderer aus Europa in das dünnbesiegelte Land zu locken und dessen Wirtschaft zu stärken. Einwanderung war willkommen und das wurde auch so im Grundgesetz verankert. Flyer wurden in Europa verteilt, mit dem Versprechen jedem Neuankömmling ein Haus und ein Stück Land zu schenken – für einen einfachen Start in ein neues Leben. Das Programm zeigte Wirkung, Millionen Menschen zogen über den großen Teich auf der Suche nach Glück. Doch nicht in der Weise die sich die damalige Regierung vorstellte.
Zum Einen folgten nur wenige gut ausgebildete Landwirte, Ingenieure und Wissenschaftler dem Lockruf, sondern in erster Linie einfache Arbeiter, Habe- und Taugenichtse sowie allgemein Menschen auf der Flucht vor der Chancenlosigkeit in ihrer Heimat.
Zum Anderen gab es einen zeitlichen Verzug zwischen Propaganda und dem tatsächlichen Eintreffen der Massen. Jahre vergingen und inzwischen gab es mit dem Wechsel der Regierung auch ein Überdenken der gemachten Versprechungen. Geschenkte Häuser und kostenloses Land? Daran konnte sich plötzlich niemand mehr erinnern.
Als Konsequenz landeten die vielen Menschen im Hafen der Stadt. Kamen mit Nichts an und bekamen wider Erwarten auch Nichts. Die meisten von Ihnen heuerten als Hafenarbeiter im damals größten Hafen von Buenos Aires an. Unterkünfte bauten sie sich selbst aus allem, was sie am Hafen finden oder stehlen konnten – vorzugsweise Holzplatten und Bleche abgewrackter Boote. Daraus entstanden die für das Hafenviertel La Boca so typischen Wohnhäuser.
Allerdings waren die Straßen La Bocas nicht immer so farbenfroh. Der Künstler Benito Martín war größtenteils in diesem Viertel aufgewachsen und entschloss sich, das Straßenbild aufzuwerten. Er malte die Häuser bunt an und verlieh La Boca damit einen in Buenos Aires einzigartigen Touch. Kurzerhand wurde das ganze Viertel zum Freilichtmuseum erklärt und erfreut sich nicht zuletzt dadurch einem großen Strom an Touristen, die sich neuerdings in das Arbeiterviertel verirren.
Dennoch wird empfohlen, La Boca nur tagsüber und nicht allein zu besuchen. Und vielleicht nicht mit der teuren Kamera zu wedeln. Am besten als Teil einer geführten Tour.
Was habe ich also gemacht?
Richtig, ich bin mit dem Bus allein hierher gefahren und habe die bunten Straßen auf eigene Faust mit der Kamera in der Hand erkundet. Im Großen und Ganzen ist das auch problemlos möglich, aber einige Ecken wirken tatsächlich etwas besorgniserregend. Die Gegend zwischen der berühmten Fußgängerzone El Caminito und dem Bombonera, dem Stadion des lokalen Fußballclubs, der Boca Juniors, ist sicher zu besuchen. Viel weiter hinaus sollte man sich aber dennoch lieber nicht verirren.
Trivia: Die Boca Junios sind neben River Plate der zweite große Fußballclub von Buenos Aires. Die Rivalität der beiden erfolgreichsten Teams von Argentinien spiegelt auch die gesellschaftliche Situation der Stadtviertel von Baires wider, die sie repräsentieren. Während die Boca Juniors aus dem armen Hafenviertel kommen, ist River Plate in einem der wohlhabendsten Viertel der Stadt Nuñez ansässig.
Trivia: Das bekannteste Gesicht der Boca Juniors ist Diego Maradona, der hier spielte und wie eine Gottheit verehrt wird.
Doch La Boca ist noch für einen weiteren internationalen Exportschlager berühmt. Das harte Leben der Hafenarbeiter ließ sich mit Alkohol und Musik besser ertragen. Einheitliche Instrumente oder Musikstile gab es aufgrund der Herkunft der Einwanderer aus vielen teilen Europas nicht. Jeder hat das gespielt, was er von zuhause kannte. Und wagemutige versuchten, dazu ausdrucksstark zu tanzen. So entstand eine Melange aus europäischen und einheimischen Musikstilen – der Tango. In seiner typischen Grundform besteht dieser aus Piano, Gitarre, Violine und einer Ziehharmonika.
Live Performances werden in fast jedem Restaurant in den kleinen Straßen von La Boca dargeboten. Klar, das machen sie in erster Linie um Touristen bei Laune zu halten. Doch es wirkt sehr authentisch – die Straßen sind lebendig, Musik und Tanz sind feurig und das Bier schmeckt hier gleich doppelt so gut.
Palermo
Das letzte Viertel, welches ich während meiner drei Tage besucht habe, ist Palermo. Seinen Namen hat es augenscheinlich von den vielen italienischen Einwanderern, die sich hier zusammen getan haben. Schon wieder Einwanderer, langsam ist hier ein Muster zu erkennen, richtig?
Palermo ist ein moderner und hipper Teil der Stadt. Kaffee kommt hier weniger aus dem Vollautomaten als aus einer Chemex. Stadt Cappuccino gibt es einen Cold Brew. Und auch wenn die größte Brauerei des Landes Quilmes in Buenos Aires ansässig ist, trinkt man hier fast ausschließlich Bier der kleinen Mikrobrauereien aus der Nachbarschaft. Hier gibt es auch die besten Steak Restaurants der Stadt. Für viele eines der lebenswertesten Viertel von Buenos Aires.
Außerdem ist Palermo aber auch die Hochburg der Straßenkünstler. Fast jedes Gebäude ist von allen Seiten mit hochklassigen Graffiti besprüht, beklebt und bemalt. Und warum gibt es in meiner Heimat nur Schmierereien, die auswärtige Fußballfans einschüchtern sollen und hier hingegen Kunstwerke von teils internationaler Berühmtheiten?
Ganz einfach. Um dem Vandalismus zu entgehen, hat man sich einfach gemeinschaftlich dazu entschlossen, Künstler dazu zu ermutigen, die Gemäuer zu verzieren. Anstelle von Strafen gibt es hier Aufträge und Bezahlung. Anstatt der Gefahr erwischt und abgemahnt zu werden, signieren die Künstler ihre Werke und posten diese auch bei Instagram, um mehr Publikum zu erreichen.
Daher lohnt sich ein Besuch in Palermo vor allem für einen kleinen Spaziergang durch die bunten Straßen. Das kann man auf eigene Faust unternehmen und einfach wirr durch das Viertel laufen. Getreu dem Motto: ohne Orientierung hat man mehr vom Ort.
Alternativ gibt es auch geführte Touren durch Palermo, die sich auf Graffiti spezialisiert haben. Die Touren finden täglich (außer Sonntags) ab 15 Uhr statt, Treffpunkt ist Serrano in Palermo. Für spannende drei Stunden wird man in einer kleinen Gruppe durch die verschiedenen Stilrichtungen, die in den Straßen zu finden sind, geführt. Weitere Infos gibt es hier.
Kosten: 10 US$ Fixpreis
War sonst noch was?
Wer genug vom Lärm und Trouble der Großstadt hat, der begibt sich nach Puerto Madero. Das moderne Wohnviertel hinter einer neuen Hafenanlage ist sehr ruhig, es gibt kaum Verkehr. Außerdem befindet sich hier ein kleines Naturschutzgebiet. Sumpf und Wiese, durch die sich einige Wanderwege in völliger Stille ziehen. Man vergisst für einen Moment, dass man hier eigentlich immer noch nah am Herzen einer Millionenmetropole ist.