Mister Peter Fischer please proceed to the boarding gate immediately!
Es muss schon kurz nach Mitternacht sein, als mein Flug von Berlin stark verspätet zum Umstieg in Istanbul eintrifft. Zum ersten mal wird mir hier die Ehre zu Teil, persönlich zur Eile aufgefordert zu werden. Ich nehme also mein Handgepäck und die Beine in die Hand und renne die langen Gänge des Flughafens entlang, bis ich kurz vor knapp an meinem Gate ankomme. Gehetzt und nach Luft ringend zeige ich mein Ticket und freue mich schon darauf, im Flieger wieder etwas zu Atem zu kommen.
Womit ich nicht gerechnet habe: der Kollege möchte mir den Zugang zum Flieger verwehren, da ich kein Visum für den Iran in meinem Pass habe. Ein solches Visum hätte man sehr umständlich und nur unter persönlichem Erscheinen bei der Botschaft in Berlin beantragen können. Doch dann stieß ich auf spärliche Informationen auf mittelmäßig vertrauenswürdigen Internetseiten die mich glauben ließen, es gäbe mittlerweile ein bequemes Visum On Arrival – wenn man in Teheran oder Shiraz einreist. Der Iran ist momentan kein besonders populäres Reiseland und Erfahrungsberichte, ob dies wirklich funktioniert, gibt es entsprechend wenige.
Also versuche ich den Burschen am Einlass von etwas zu überzeugen, von dem ich selbst nicht ganz sicher bin. Und das klappt dann auch, ich werde an Board gelassen.
Im Flieger angekommen schnaufe ich ersteinmal durch und denke an meinen Trip nach Kuba zurück. Auch damals hatte ich erst während der Reise mitbekommen, dass man bereits vorab ein Visum hätte beantragen müssen und musste während des gesamten Fluges auf eine alternative Einreisemöglichkeit hoffen.
Ich beschließe, mich fortan im Vorfeld etwas besser zu informieren und mache leicht nervös die Augen zu. Hoffentlich läuft alles glatt. Nur noch wenige Stunden bis Teheran. Bis zur Einreise in ein neues Land, über dass ich im Prinzip gar nichts weiß. Eigentlich nur, dass es gerade sehr heiß ist und man dennoch keine kurzen Hosen tragen darf. Ob das gut geht?
„Dies ist ihr letzter Aufruf. Bitte begeben Sie sich umgehend zu ihrem Gate!“
–Lautsprecher am Flughafen Istanbul Atatürk (Frei übersetzt aus dem Englischen)
Ankunft und der Moment der Wahrheit
Eigentlich ist alles erstmal wie immer. Kaum setzt unser Airbus sanft am Imam Khomeini Flughafen auf, schon stehen alle Passagiere wild auf und sammeln ihr Handgepäck zusammen. Vereinzelt applaudiert auch jemand dem Kapitän.
Nachdem der erste Schwung besonders hektischer Leute eilig die Maschine verlassen hat, mache auch ich mich auf zur Einreise – wo hoffentlich auch ein kleiner Stand zum Erwerb eines Visums auf mich wartet.
Und genau so ist es auch: ganz unkompliziert und unbürokratisch, genau wie ich es gehofft habe. Man gibt einem Grenzbeamten 2 Passfotos, einen Nachweis, dass die Auslandskrankenversicherung auf für den Iran gültig ist und 75€ in Bar. Im Gegenzug erhält man Einlass in eines der schönsten Länder, welche ich bisher besucht habe (Spoiler Alarm!).
Mein Gepäck hat es erst am nächsten Abend nach Teheran geschafft.
Iran und die Finanzen
Geld im Iran ist ein Thema für sich. Aufgrund der Sanktionen durch die westlichen Nationen ist dem Iran der Zugang zum internationalen Währungssystem verwehrt. Das hat auch weitreichende Auswirkungen auf den Tourismus. Geld abheben mit der Kreditkarte? Fehlanzeige. Den Teppich auf dem Bazar mit der Karte zahlen? Auf keinen Fall. Für Ausländer ist der Iran eine Bargeld-Nation.
Was bedeutet das im Klartext: man muss alles, was man gedenkt im Rahmen der Reise auszugeben (plus etwas Puffer) aus seinem Heimatland in Bar mitnehmen und vor Ort tauschen. Das wirft natürlich Fragen auf:
Wie viel Geld brauche ich?
Eine ganz schwere Frage – vor allem zum Zeitpunkt meiner Reise, da das Land eine schwere Inflation durchläuft. Normalerweise gebe ich mir selbst gern ein Tagesbudget von etwa 50€. Für meine vierwöchige Reise ergibt das 1400€. Um auf Nummer sicher zu gehen nehme ich dann doch 2000€ mit. Das sollte mehr als genug sein und auch Spielraum für luxuriöse Abwechslungen zum Backpacker-Alltag bieten.
Kleiner Spoiler: davon habe ich fast 1000€ wieder mit nach Hause genommen.
„Lieber haben und nicht brauchen, als brauchen und nicht haben“
-jeder vorsichtige Mensch
Wohin mit dem Bargeld?
Eine der Kernfragen – denn hierfür hat wohl kaum einer große Erfahrungen. Am besten teilt man es etwas auf. Vielleicht in einen Geldgürtel, verschiedene Taschen im Rucksack, im Wäschesack des Backpacks (wer durchsucht schon Schmutzwäsche?). Aber machen wir uns nichts vor, es ist ein absolut beklemmendes Gefühl. Jeder Ausländer läuft hier mit seinem gesamten Reisebudget in Bar durch die Straßen der hektischen Großstadt. Und da das kein Geheimnis ist, steht auch auf meiner bleichen Stirn ganz deutlich „Opfer“ geschrieben.
Doch Teheran ist nicht Berlin und schon sehr bald denkt man nicht mehr daran.
Geld tauschen
Der iranische Rial befindet sich im freien Fall, die Wirtschaft des Landes tut es ihm gleich und die einst wohlhabenden Perser werden täglich ärmer. Um ihr Geld in Sicherheit zu bringen, versuchen Iraner bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihre lokale Währung gegen westliches Geld mit höherer Wertbeständigkeit einzutauschen. Um es mit anderen Worten zu sagen: der Schwarzmarkt floriert.
Um dem entgegenzuwirken hat die Regierung den Währungstausch außerhalb offizieller Wechselstuben als illegal erklärt und einen offiziellen Wechselkurs etabliert. Wechselstuben gibt es direkt am Flughafen und im Zentrum jeder größeren Stadt. Tauscht man mit dem offiziellen Kurs ist der Iran ein durchaus günstiges Reiseland.
Doch nur weil der Regierung der Schwarzmarkt ein Dorn im Auge ist heißt dies nicht, dass der nicht mehr existiert. Im Gegenteil, er ist allgegenwärtig und die Kurse sind beinahe angsteinflößend. Hier meine Erfahrung zu den Kursen während meiner Reise im Juli 2018:
Im Internet lese ich, 35.000 Rials je Euro sei ein guter Kurs. Als ich am Flughafen ankomme tausche ich in einer offiziellen Wechselstube für 50.000 Rials und freue mich über den vermeintlich guten Deal. Im Hostel werde ich direkt gefragt ob ich noch Bargeld bräuchte, die Rezeption würde mir 90.000 Rials für einen Euro geben, fast das Doppelte! Ich tausche im Hostel fast 500€ und der Kurs ist so gut, dass es fast bis zum Ende der Reise reichen sollte. In der letzten Woche muss ich noch einmal tauschen und erhalte dieses mal sogar 120.000 Rials je Euro.
Fazit
Das Konzept, alles mit Bargeld machen zu müssen ist ungewohnt und zu recht unangenehm. Erweist sich vor Ort aber dennoch als relativ unproblematisch, wenn man versteht, wie das System funktioniert. Der Iran ist ein günstiges Reiseland und abhängig von der eigenen Abenteuerlust und dem Verhandlungsgeschick kann es sogar zu einem erschreckend billigen Reiseland werden.
Aber Achtung!
im gleichen Maße wie für uns der Urlaub in der islamischen Republik günstiger wird, steigt die Not und die Armut der einheimischen Bevölkerung. Täglich rutschen neue Teile der eigentlich wohlhabenden Bevölkerung trotz guter Arbeit in die wirtschaftliche Bredouille. Die Iraner sind sich der Situation für beide Seiten sehr wohl bewusst und man sollte aufpassen, Ihnen nicht unter die Nase zu reiben wie spottbillig der Urlaub für uns Europäer hier ist.
Was liegt wo
Meine Unterkunft: Seven Hostel
Das Hostel liegt in einem der lebhaftesten Viertel Teherans in laufbarer Distanz zu allem was in der Stadt wichtig ist: einem guten U-Bahnhof. Denn in der Hauptstadt des Iran ist nichts wirklich fußläufig erreichbar. Es gibt im Hostel klimatisierte Zimmer, einen fairen Wechselkurs und eine tolle Dachterrasse zum Sozialisieren, Kickern oder einfach zum Entspannen nach einem langen Tag voller Entdeckungen in der Großstadt.
Das gibt es in Teheran zu sehen
Teheran ist das moderne politische und wirtschaftliche Zentrum des Iran und bietet anders als die folgenden Stationen auf meiner Reise keinen Überfluss an Kulturdenkmälern oder gemütlichen Picknicks an jeder Ecke im Schatten imposanter Sakralbauten. Die Metropole ist laut, geschäftig und versinkt aufgrund der vielen, vielen alten Fahrzeuge unter einer Dunstglocke aus Smog.
Dennoch ist Teheran ein wichtiger Startpunkt für die Reise, da man hier einen umfassenden Einstieg in eine andere Welt mit all ihren Facetten bekommt. Und lernt wie das touristische System Iran funktioniert. Wie tausche ich Geld, wie komme ich mit dem iranischen Äquivalent zu Uber Namens Snapp von A nach B und woher bekomme ich eine SIM Karte.
Mit all diesen Informationen an der Hand kann man anschließend ganz entspannt in das alte Persien abtauchen.
Doch wie viele andere schnell gewachsene Großstädte hat auch Teheran hat einige schöne Ecken zu bieten, man muss eben nur gut suchen.
Golestan Palast
Teheran war bis ins späte 16. Jahrhundert nichts weiter als eine kleine Obstplantage am Fuße des Elburs Gebirges. Erst unter der Dynastie der Safawiden, denen der heutige Iran einen großen Teil seines kulturellen Erbes zu verdanken hat, entstand allmählich eine größere Siedlung mit größer werdendem wirtschaftlichen und politischen Einfluss.
Ab dem 18. Jahrhundert verlegten die nun herrschenden Kadscharen ihren Regierungssitz nach Teheran und errichteten den Golestanpalast als Regierungspalast, der noch bis zur islamischen Revolution 1979 als Sitz der persischen Monarchen.
Trivia: Persien, Iran.. Wo ist der Unterschied? Im westlichen Raum wurde das Land im Mittleren Osten lange Zeit als Persien bezeichnet. Das geht auf den Namen des ersten Persischen Großreiches unter den Achämeniden zurück und hat sich eingeprägt.
Die Eigenbezeichnung des Staates und seiner Einwohner lautet aber seit jeher Iran, was soviel wie „Land der Arier“ bedeutet.
Heute ist der Palast in erster Linie ein Museum und ein guter Einstieg in persische Baukunst. Denn die gesamte Fassade des Palastes ist in Mosaike gehüllt. Teils als reine Dekoration, teils um Geschichten zu erzählen.
Der Innenhof des Palastes ist ein großer grüner Garten mit verschiedenen Wasserspielen und Arrangements aus Bäumen und Blumen, wie sie für die muslimische Welt so typisch sind. Um der Sonne zu entfliehen können auch verschiedene Teile im Inneren des Palastes besucht werden. Ich staune nicht schlecht, als ich den Spiegelsaal betrete und von all dem Bling Bling umgeben bin. Jegliches eintreffendes Licht bricht sich unzählige Male und so funkelt der gesamte Saal wie die Gläser aus der Finish Quantum Geschirrspültabs-Werbung.
Der große Bazar
Was in der westlichen Welt das Einkaufszentrum ist, nennt sich im Osten Bazar. Ok, shoppen ist wirklich nicht mein Ding. Aber der Besuch auf einem Bazar ist häufig eine Sehenswürdigkeit für sich. Hier bieten Händler auf traditionelle Weise waren aus dem ganzen Land an. Man kann Essen probieren, man kann über den Preis der Waren handeln und vor allem man kann mit vielem, was hier angeboten wird, auch nicht wirklich etwas anfangen.
Der Große Bazar von Teheran hat seinen Namen redlich verdient. Denn er ist wirklich groß. So groß, dass der Stadtteil in dem er liegt ebenfalls Basar heißt. In der Tat handelt es sich sogar um den größten Bazar der Welt. Auf einer Strecke von 10km findet man hier verschiedenste Möglichkeiten, sich das Geld aus den Taschen ziehen zu lassen.
Bekannt aus den Märchen aus Tausendundeiner Nacht, nehmen auch hier die persischen Teppiche eine wichtige Rolle ein. Auf einem ganzen Korridor reiht sich ein Händler an den Nächsten und wartet nur darauf, seine Kunstobjekte zu präsentieren.
Trivia: die Teppiche sind alle von bester Qualität und handgewebt. Viele von Ihnen wurden von Nomadenfamilien aus den Bergen hergestellt und zeigen traditionelle Muster und Wappen ihrer Stämme. Häufig sind die Teppiche eine ihrer wenigen Möglichkeiten, mit der sesshaften Welt Handel zu betreiben.
Der Azadi-Turm
Anlässlich der 2.500 Jahrfeier persischer Monarchien wurde 1971 der Freiheitsturm errichtet und ist heute das Wahrzeichen des modernen Teheran. Das Gebäude mit seiner feinen Linienführung wirkt vor allem durch den weißen Marmor, der ihn komplett bedeckt, sehr edel. Leider ist es Besuchern nicht (mehr) gestattet auf die Aussichtsplattform des 45m hohen Turms zu gelangen.
Der Milad-Turm
Der Fernsehturm, der übersetzt Turm der Geburt heißt, ist mit 435m das höchste Gebäude des Iran und sogar der sechst-höchste Fernsehturm der Welt. Da das Stadtbild von Teheran sonst kaum über besonders hohe Gebäude verfügt, ist der Milad Turm von vielen Punkten der Stadt aus ein wahrer Blickfang.
Es ist möglich mit dem Fahrstuhl auf die Aussichtsplattform raus zu fahren. Aus mir unerklärlichen Gründen darf jedoch keine „professionelle“ Fotoausrüstung mitgenommen werden, sodass ich mich mit leicht verwundertet Mine nur mit dem iPhone bewaffnet nach oben begebe.
Die Tabiat Brücke
Die Tabiat Brücke verläuft über eine der Hauptverkehrsadern im Norden der Stadt und verbindet zwei der schönsten Parks Teherans miteinander. Nicht zuletzt daher auch ihr Name, denn Tabiat bedeutet Natur auf Persisch.
Von der Brücke aus hat man einen hervorragenden Blick insbesondere auf die Skyline im Norden der Stadt, hinter der sich das hauseigene Skigebiet des Elburs Gebirges in die Höhe streckt.
Die Brücke wurde aber nicht nur als Verbindung der zwei Straßenseiten konzipiert. Sie soll auch ein Blickfang sein. Ein Ort, an dem die Menschen sich aufhalten. Eigentlich eine Erweiterung der beiden angrenzenden Parks. Und das ist auch gelungen. Denn des verschnörkelte Design erinnert an Bäume und verwachsene Lianen. Zwischen den verschiedenen Ebenen und Plattformen lassen sich verschiedenste Cafés, Restaurants und Kioske entdecken. All das macht aus der Brücke eher eine Flaniermeile.
Doch noch etwas ist besonders an der Brücke. Nämlich der Architekt. Oder viel mehr die Architektin – Leila Araghian! Ja, das mag profan klingen, doch die öffentliche Zurschaustellung der herausragenden Leistung einer Frau ist in einer Gesellschaft mit einem eher konservativen Rollenverständnis nicht ganz selbstverständlich.
Der Entwurf der Iranerin erhielt 2014 den Zuschlag für die Umsetzung der Baumaßnahme und sie erhielt dafür gleich mehrere renommierte (mir jedoch unbekannte) Architekturpreise.
Antiamerikanische Propaganda nahe der alten US-Botschaft
Stumme Zeugen eines traurigen Kapitels in der jüngeren Geschichte des Landes. Eines Kapitels, welches viele Menschenleben kostete und den Iran gesellschaftlich und wirtschaftlich in ein aus westlicher Sicht anderes Jahrhundert zurückversetzte: die aufflammende Feindseligkeit gegenüber den USA und die Islamische Revolution.
Doch was war passiert?
Ok, die Abläufe und Hintergründe sind viel zu komplex für diesen Blog. Doch ganz grob lässt es sich folgendermaßen zusammenfassen:
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es im Iran zu vielen Debatten der Lockerung und Öffnung des Landes nach westlichen Werten. Beispielsweise ging es um das Frauenwahlrecht. Daraufhin flammte der Wunsch nach einer stärkeren Rückbesinnung auf eine konventionelle Lebensart auf. Die daraus folgenden Demonstrationen und Streiks konnten aber zunächst unterbunden werden. Ihre Anführer – unter Ihnen auch Imam Khomeini – wurden zu Teilen ins Exil verbannt.
Gleichzeitig jedoch taten die USA das, was sie immer tun. Sie versuchten ihren Einfluss im mittleren Osten zu stärken und trieben dafür den Liberalismus im Iran weiter voran. Das war der Nährboden, auf dem die islamische Bewegung erneut aufkeimte – bedeutend stärker als zuvor. Die Regierung brach durch den Druck aus der Bevölkerung zusammen. Der bis dahin regierende Shah Reza Pahlavi musste fliehen, die bis dahin geltende Monarchie des Iran wurde gestützt. Ersetzt wurde sie durch die islamische Republik. Und damit durch eine der nach offiziellen Maßstäben konservativsten muslimischen Gesellschaften der Welt.
Geiselnahme in der US Botschaft
Auf der Flucht gelang es dem Shah über mehrere Stationen bis in die USA zu kommen. Die Aktivisten im Iran missdeuteten diese Information und dachten, die USA würden den Shah schützen. Daraufhin kam es erneut zu antiamerikanischen Protesten, die im Sturm auf die US-Botschaft in Teheran mündeten.
Dabei wurden mehrere Dutzend Mitarbeiter der Botschaft als Geiseln genommen unter der Forderung, den Shah auszuliefern. Zwar konnte ein kleiner Teil der Geiseln nach kurzer Zeit fliehen und mithilfe der kanadischen Botschaft in einer geheimen Aktion (Canadian Carper) außer Landes geschmuggelt werden..
Doch 52 Menschen mussten genau 444 Tage in der Botschaft in Geiselhaft verbringen, bis sie im Austausch gegen einen großen Teil des durch wirtschaftliche Sanktionen eingefrorenen Iranischen Vermögens freigelassen wurden und im Januar 1981 nach Deutschland ausreisen durften.
Trivia: Wer mehr über die Aktion Canadian Carper, also die Befreiung der sechs Botschaftsmitarbeiter und die spektakulär inszenierte Flucht wissen möchte, schaut sich den Thriller „Argo“ mit Ben Affleck an.
Vor allem in den Straßen rund um die ehemaligen US Botschaft sind Heute viele Graffiti zu finden, die die offizielle Haltung der islamischen Republik gegenüber den USA darstellen.
Ich finde den Spaziergang entlang der Mauern der Botschaft beeindruckend und beklemmend zugleich. Ein antiamerikanisches Bild reiht sich an das nächste und vermitteln ein klares Bild dessen, was hier passiert sein muss.
Aber muss man nun Angst haben, als Wrestler angefeindet zu werden?
Nein, bei Weitem nicht. Es ist wichtig sich zu vergegenwärtigen, dass es antiamerikanische Sentiments gibt. Und wer könnte das im Grundsatz verübeln. Ich denke, dass sich auch ein großer Teil der westlichen Bevölkerung vom Selbstbild der der USA als Weltpolizei distanzieren würde. Darüber hinaus gibt es aber keinen Anlass zur Sorge, als Westler im Iran angefeindet zu werden. Im Gegenteil.
Die Bevölkerung ist überraschend weltoffen und lebt selbst nach westlichen Werten und und eifert den gleichen Vorbildern nach (insbesondere hinter verschlossenen Türen).
Graffitis wie diese sind in erster Linie Relikte einer Verachtung, die abseits der Politik und offizieller Stellungnahmen in der aufgeschlossenen Bevölkerung des Iran kaum eine Rolle spielen.
Besonders beeindruckend finde ich das Bild einer amerikanischen Flagge an einer Hauswand. Die „Stars“ sind durch Totenköpfe symbolisiert, die vertikal verlaufenden „Stripes“ werden durch fallende Bomben dargestellt.
Mal ehrlich, bei all den traurigen Hintergründen die dazu führten, dazu gehört auch ein gutes Stück Kreativität.
Der Hausberg Tochal
Wenn man sich nach all den Informationen etwas erschlagen und erdrückt fühlt, bietet sich ein Ausflug in die Natur an. Und dabei ist die erste Anlaufstelle das Elburs Gebirges, welches sich direkt im Norden der Stadt erstreckt. Von Oktober bis Mai ist hier das größte Skigebiet des Iran. Im Sommer ein stadtnahes Wandergebiet. Teheran selbst liegt auf etwa 1900m Höhe, der höchste Gipfel des Tochal bei knapp 4.000m.
Man könnte jetzt bis ins hochgelegene Skigebiet auf einer der vielen Strecken wandern. Doch die Luft ist heiß und stickig und wenn ich mich anstrenge finde ich sicher noch weitere Ausflüchte, warum ich mich dann doch für die Seilbahn entschieden habe. Mit dieser geht es zur Gipfelstation auf fast 3500m Höhe. Vieles sieht hier aus wie in Österreich – Sessellifte und hölzerne Almhütten – und man vergißt ganz kurz, wo man hier eigentlich ist. Es ist angenehm kühl, die Luft schmeckt besser und ich genieße den anbrechenden letzten Abend in der Hauptstadt der islamischen Republik Iran.
War noch was?
Ja, da war noch etwas. Von einem bekannten aus Deutschland, der selbst aus Teheran kommt, wurde mir schickes Restaurant im Norden der Stadt auszuprobieren. Shish Kebab ist dort das Gericht der Wahl im Shandiz. Daher mache ich mich auch gleich am ersten Abend auf den Weg in das Restaurant. Sehr edel wirkt es, in einem vornehmen alten Haus. Mit Portier, der mich in den Fahrstuhl bringt und für mich das Stockwerk wählt (es gibt nur ein weiteres, hätte ich sonst auch selbst geschafft).
Und hier beginnt gleich am ersten Abend etwas, was mich auf meiner gesamten Reise begleiten wird. Ich stehe allein an der Rezeption des Restaurants und warte darauf, einen Tisch zu bekommen. Das fällt einem iranischen Pärchen auf und sie winken mich zu sich an den Tisch heran. Da ich ein sehr folgsamer Mensch bin komme ich der Aufforderung gern nach. Die beiden sind ausgesprochen sympathisch und wir kommen schnell ins Gespräch.
Ich käme aus Deutschland? Wie toll, schon mehrere Male waren sie beim Oktoberfest und sie lieben deutsches Bier. Im nächsten Jahr wollen sie nach Berlin reisen und versprechen mir, dabei auch den Spreewald zu besuchen. Erst kürzlich kamen sie von einer längeren Reise nach Australien zurück und haben Buch haben sie über ihren Trip geschrieben. Erst Heute kam die erste Lieferung mit gedruckten Exemplaren und das wollten sie feiern, daher sind sie in diesem schicken Restaurant. Sie geben mir eines ihrer Bücher zum inspizieren und es entsteht ein kurzer peinlicher Moment, da ich nicht weiß, wie man es öffnet. Farsi (die persische Sprache) schreibt sich nämlich von rechts nach links und von hinten nach vorn. Also aus unserer Sicht. Ich schaffe es dann doch durch das Buch zu blättern und freue mich über ihre Fotos, vor allem von Orten an denen ich auch war. Lesen kann ich davon natürlich nichts.
Vor allem aber bin ich überrascht, wie weltoffen sie sind. Wie viel von der Welt sie gesehen haben. Ich dachte ich sei in einem Land der Isolation nach Außenhin und Sanktionen aller Art von Außen?
Ich freue mich sehr über die Bekanntschaft. Es war ein schöner Abend in toller Gesellschaft. Und auch das Shish Kebab ist absolut empfehlenswert. Als wir fertig sind und gehen wollen bestehen die beiden darauf, mich einzuladen. Mehrfach lehne ich dankend ab, doch es führt kein Weg daran vorbei. Ich darf mein Essen nicht selbst bezahlen. Außerdem rufen sie mir noch ein Taxi, damit ich auch ja gut nach Hause komme.
Ein absolut grandioser Einstieg für das, was da noch kommen sollte.
Jens
Sehr schöner Bericht – bestärkt mich, das nun kommendes Jahr endlich in Angriff zu nehmen, nachdem ich es dieses Jahr bereits zum zweiten Mal gestrichen habe.
Peter
viel Spaß auf der Reise. Es sind nach wie vor einige Leute in Iran unterwegs und berichten viele schöne Dinge. Die aktuelle Krise in der Region hat daran nicht viel geändert..