Zwischen den großen und bekannten Städten Andalusiens liegen im Gebirge viele nicht minder spektakuläre Sehenswürdigkeiten. Ein Netz aus Landstraßen zieht sich durch die bergige Region, mit Olivenbäumen gesäumte Hänge stellen den malerischen Hintergrund für die Routa de los Pueblos Blancos – die Straße der weißen Dörfer.
Dem gewieften Leser ist sicherlich schon klar, welche Eigenschaft diese Siedlungen vereint: die weiße Farbe der Wohnhäuser. Diese sind meist stufenartig entlang der hügeligen Landschaft erbaut. Im Dorfzentrum auf einer Anhöhe steht häufig eine kleine Festungsanlage aus maurischer Zeit. Da nach der Rückeroberung durch die Spanier der Bedarf nach Moscheen eher rückläufig war, konnte deren Baumaterial prima für die Kirchen weiterverwendet werden, die das Dorfbild Heute vervollständigen.
Tschüss Granada!
Die erste Woche meines Sprachkurses ist vorbei und ich hatte überraschend anstrengende aber auch sehr witzige Tage in Granada verbracht – Grüße gehen raus an Christina und Ricarda : ).
Bevor ich am Montag in Sevilla wieder die Schulbank drücke, will ich das Wochenende für die Erkundung der Umgebung nutzen.
Also sammle ich Freitag nach dem Mittag meine verbindlichen Hausaufgaben ein (mit der festen Absicht, deren Erledigung auf jeden Fall versehentlich zu vergessen), verabschiede mich von der Sprachschule und mache mich mit deutlichen Nachwehen der gestrigen Routa de Tapas auf zur Autovermietung am Bahnhof.
Warum denn keinen SEAT?
Nachdem ich diese dann auch gefunden habe (AVIS, wie wäre es mal mit meinem Hinweisschild wo genau man euch findet?) bekomme ich prompt meinen Autoschlüssel in die Hand gedrückt und bin etwas verdutzt über die Tatsache, ein französisches Markenlogo darauf zu entdecken. Meinen sparsamen Blick missdeutend gibt mir der Kollege noch den Hinweis, dass es überhaupt kein Problem sei, das günstigere E10 zu tanken. Ich hatte zwar nicht danach gefragt, aber gut.
Der Trend auf dem Fahrzeugmarkt geht zum SUV und das in allen Größen, Formen und Farben und so finde ich auf dem Parkplatz meinem Captur, den SUV im Kleinformat von Renault im strahlenden weiß.
Ich würde mir ja selbst eine gewisse Affinität zur digitalen Technik zuschreiben. Dennoch verzweifle ich beinahe an der Programmierung des Navis – wo kann ich denn hier bitte ein Ziel eingeben? Ich bin sogar kurz davor, das Handbuch zu konsultieren (#RTFM), als ich im zehnten Untermenü dann doch fündig wurde.
Also anschnallen, Spiegel richten, noch schnell ein paar Rockhymnen in meine Spotify Playlist packen und ich bin auf dem Weg zum Ziel für Heute: Ronda
Trivia: Übrigens ist ein Großteil der Autos in Spanien weiß. Die Marke SEAT verkauft auf dem Heimatmarkt rund 45% ihrer Fahrzeuge in weiß – gefolgt von Schwarz mit 16%.
Das hat einen ganz praktischen Vorteil: das Fahrzeug heizt sich einfach nicht so schnell auf!
Hier findet ihr die Karte meiner Route mit den Markierungen aller Orte, von denen ich nachfolgend erzähle.
Tipp: Zwar gibt es durchaus Busverbindungen zu den größeren Dörfern, insbesondere das berühmte Ronda. Dennoch bietet ein Auto die einzig sinnvolle Möglichkeit die Gegend entspannt zu erkunden!
Route der weißen Dörfer
Ronda
Nach zwei Stunden Fahrt erreiche ich Ronda, das bekannteste der weißen Dörfer. Das liegt einerseits an der maurischen Altstadt, welche spektakulär auf einem steil abfallenden Felsplateau errichtet wurde. Das Wahrzeichen der Stadt ist allerdings die Puente Nuevo. Die „neue Brücke“ aus dem 18. Jahrhundert verbindet Alt- und Neustadt über die 120m tiefe Schlucht El Tajo, durch die sich der kleine Fluss Guadalevín schlängelt.
Das Eines der meistfotografierten Motive Spaniens
..und das auch zu recht. Es gibt unzählige Aussichtspunkte an den Rändern der Schlucht.
Begeistert bin ich von meinem kleinen Hotel, dem Casa Duende del Tajo. Von der hauseigenen Terrasse hat man einen klasse Blick auf die Brücke und das ganz ohne das Getummel der gut besuchten Stadt! Das private Zimmer mit Gemeinschaftsbad kostet euch 35€.
Ein weiteres Highlight sind die zahlreichen Cafés entlang der Klippen. Daher gönne ich mir zunächst ein koffeinhaltiges Heißgetränk nach der anstrengenden Fahrt und komme erst mal an. Möglichkeiten dafür gibt es viele, die Beste Lage hat aber das Restaurante Don Miguel mit seinen über mehrere Stufen in die Klippen gebauten Terrassen.
Anschließend passiere ich die Brücke und steige die vielen Treppenstufen hinab zu einem der Aussichtspunkte entlang des kleinen Pfades, der sich an den Plaza de María Auxiliadora in der Altstadt anschließt. Danach versuche ich noch bis zur Schlucht unter der Brücke zu gelangen – vielleicht gibt es ja einen Pfad zur anderen Seite?
Spoiler Alarm: nein, gibt es nicht.
Anschließend erkunde ich die Altstadt. Diese ist größtenteils autofrei und man kann hier ganz gemütlich durch die wirren, engen Gassen schlendern. Zwischen den weißen Fassen mit ockerfarbenen Ornamenten gibt es immer wieder gemütliche Cafés. Auch ohne Orientierungssinn lange ich irgendwann auf dem Plaza Duquesa de Parcent mit dem Rathaus und der Kirche Santa María la Mayor.
Die alte Stadtmauer
Weiter gehts in Richtung Südwesten. Das Ende der Altstadt fernab der Puente Nuevo und somit auch der Touristenströme ist einer der schönsten Teile Rondas. Hier ist die alte Stadtmauer noch gut erhalten. Besonders erwähnenswert ist dabei die Iglesia del Espírito Santo, die als direkter Teil der Mauer eher einer Festungsanlage als einem Sakralbau gleicht.
Der Rückweg von den Aussichtspunkten im Tal war anstrengend – es ging recht steil bergauf und gab kaum Schatten. Daher suche ich mir auf dem nahegelegenen Plaza Ruedo Alameda eines der vielen Bierhäuser aus und lösche beim Blick auf die Stadtmauer den Durst.
Tipp: Direkt am Stadttor befindet sich auch eine der beliebtesten Tapas Bars von Ronda – De Locos Tapas. Hier lohnt es sich selbst in der Nebensaison im Voraus zu reservieren, die Plätze sind sehr begehrt.
Zweihundert Meter weiter findet befindet sich ein alter Wachturm, der Torre del Predicatorio. Ich bin ganz froh, dass der Aufstieg kaum merkbar ist und freue mich über den schönen Blick über diesen Teil der Stadt. Vor allem für der goldenen Stunde am Abend hat sich der Weg gelohnt.
Fürs Abendbrot geht es wieder zurück in die Neustadt. Direkt gegenüber meines Hotels liegt die Bar „El Lechuguita“. Hier gibt es eine riesige Auswahl an Tapas für 0,80€ bis 1,50€ das Stück. Da kann ich einfach mal die Karte durchprobieren, ohne mich in eine finanzielle Bredouille zu bringen.
Wie die meisten beliebten Bars öffnet auch diese erst 21 Uhr und ist keine fünf Minuten später gerappelt voll. Nur mit starken Schultern ist es mir möglich mit zum Tresen vorzukämpfen und tatsächlich etwas bestellen zu können.
Wie die Kellner dabei den Überblick über per Geschrei eingehenden Bestellungen behalten, wird mir wohl für immer ein Rätsel bleiben.
Acinipo – die alte Römersiedlung
Die Mittelmeerküste wäre nicht die Mittelmeerküste wenn die Mittelmeerküste keine Überreste römischer Siedlungen vorzuweisen hätte.
Und so gibt es natürlich auch hier auf dem Lande mitten im Nirgendwo ein römisches Theater. Eine kurze Fahrt von Ronda entfernt liegt Acinipo. Ehemals eine bedeutende Stadt mit eigener Münzprägung. Heute zeugen heute neben dem gut erhaltenen Theater in erster Linie Fundamente von Wohnhäusern und Thermalbädern von der Größe Acinipos.
Die Anlage kann kostenlos besucht werden.
Zahara de la Sierra
Auf dem Weg nach Olvera, dem Ziel für den Abend, mache ich in Zahara Halt. Der Name klingt zwar nach einer afrikanischen Wüste, hat mit dem großen Sandmeer ansonsten allerdings wenig gemein.
Das Dorf mit kaum mehr als 1000 Einwohnern liegt an einem Stausee mitten in einem Naturpark. Über den Häusern der von den Mauren gegründeten Siedlung thront eine kleine Festung. Der Aufstieg ist etwas anstrengend, lohnt aber wie immer für den Ausblick über die hügelige Gegend. Kurz vor dem Gipfel komme ich überraschender Weise an einem Parkplatz vorbei und ärgere mich prompt, den Erstbesten ganz unten genommen zu haben.
Der Eintritt ist kostenlos.
Das schönste an Zahara ist allerdings der Blick auf die Siedlung aus weiterer Entfernung. Diesen kann man gar nicht verfehlen, denn er bietet sich bereits während der Fahrt entlang des Stausees.
Olvera
Von den weißen Dörfern auf meiner Route hat mir Olvera mit Abstand am Besten gefallen. Auf einem Hügel erbaut, erheben sich die Überreste einer maurischen Festung und einer Kirche prominent über die Ortschaft. Schon von weitem sehe ich das Dorf, doch die Fahrt durch die endlosen Serpentinen der bergigen Gegend verlangt meinem französischen Gefährt alles ab.
Nach meiner Ankunft laufe ich den Berghang hinunter auf der Suche nach einem guten Überblick. Mit Olvera im Rücken geht es durch Olivenplantagen und vorbei an Farmhäusern mit Wachhunden – für deren kräftige Leinen ich sehr dankbar bin. Alle 100m drehe ich mich um und überprüfe den Ausblick. Schließlich, kurz bevor mir eine Bundesstraße den Weg abschneidet, schieße ich dieses Foto und kehre zufrieden in die Hotelbar zurück.
Am Nachmittag erklimme ich den Bergrücken besuche ich die Kirche (Eintritt 2€). Für einen kurzen Moment kommt sogar die Sonne an diesem sonst vernieselten Tag raus und lässt die Fassaden der weißen Häuser strahlen.
Danach geht es auf den Bergfried der – Überraschung – maurischen Festung (ebenfalls 2€). Der Ausblick in alle Richtungen ist fantastisch und ich wünschte mir, diesen mit einem kühlen Bier und einer Schale Oliven genießen zu können. Leider ohne Erfolg. Vielleicht ist dies ja eine Marktlücke, wenn ich mich mal zur Ruhe setze?
Arcos de la Frontera
Am nächsten Morgen mache ich mich auf den Weg nach Sevilla. Doch bevor ich in der größten Stadt Andalusiens ankomme, halte ich zum Mittag noch in einem weiteren weißen Dörfchen an. Wobei Arcos eigentlich schon eher eine Stadt ist. Auf der Suche nach einem Parkplatz treffe ich schon auf den spektakulären Blick auf das Dorf, welches wieder schutzsuchend auf einen steil abfallenden Fels erbaut wurde.
Auch wenn man durchaus mit dem Auto in den Ortskern fahren könnte, entscheide ich mich für den ungleich anstrengenderen Fußmarsch. Denn die viel zu engen Straßen alten Siedlung sind bei weitem nicht für Fahrzeuge gemacht – wie unzählige Schrammen und Lackspuren an sowohl Fahrzeugen als auch den Gebäuden bezeugen.
Beim Aufstieg wandere ich etwas verwirrt durch die kleinen Gassen. Zwar mögen alle Wege in der Theorie nach Rom führen. In Arcos aber lande ich mehrfach in einer Sackgasse und der und so geht es immer wieder auf und ab. Durchgeschwitzt und durstig oben angekommen mache ich im La Cárcel meine Mittagspause und kann das Café in der kleinen Gasse sehr empfehlen.
Anschließend halte ich für einen letzten Kaffee vor der Weiterfahrt im Café des Hotels Parador de Arcos. Die Aussicht ist fantastisch, aber da mich leider niemand bedienen kommt, mache ich mich unverrichteter Dinge auf den Rückweg zum Auto und fahre nach Sevilla.