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Die Wanderung zur Poço das Pulgas mit dem wohlklingenden deutschen Namen Flohgrube gehört wohl eher zu den weniger frequentierten Aktivitäten auf der Wanderinsel Madeira. Woran das wohl liegt? Keine Ahnung, denn, Spoiler Alarm, für mich war das wirklich die schönste Wanderung Madeiras.

Doch eigentlich Stand der Tag unter keinem guten Stern. Es ist Neujahr und ich habe einen tierischen Brummschädel. Und es regnet seit der Nacht durchweg. Schon auf der Fahrt fällt mir auf, dass ich dadurch nicht nur Gefahr laufe, nass zu werden.

Erdrutsch auf dem Weg zum Parkplatz

Gerade im regenreichen Winter kann es immer zu Erdrutschen kommen. Die Berge sind eben nicht ausschließlich massiver Fels, sondern auch viel Geröll und Erde. Das Ganze wird vorrangig durch den Pflanzenbewuchs in Form gehalten und kann aber durch anhaltenden Regen unterspült werden. Irgendwann können die Wurzeln die Massen nicht mehr halten und es kommt zu einem Erdrutsch.

Auch beim Parkplatz liegen einige Brocken auf der Straße. Das mulmige Gefühl im Magen verstärkt sich. Ob das noch am Bier liegt?

Auch am Parkplatz noch Spuren vom Erdrutsch

Übersicht

Entfernung: etwa 7km Gesamtstrecke

Dauer: ca. 3-4h sollte man einplanen.

Schwierigkeit: Ich schätze die Wanderung als eher anspruchsvoll ein. Zwar ist die Entfernung nicht allzu groß, doch auf der kurzen Strecke müssen beinahe 600 Höhenmeter überwunden werden. Außerdem ist der Weg in schlechtem Zustand und noch viel schlechter ausgeschildert. Bei einigen Passagen muss man sogar im Flussbett über Steine watscheln, die werden natürlich im Regen noch viel rutschiger. An einer Stelle muss auch der Fluss durchquert werden – ganz nah an der Kante eines Wasserfalls. Hier will man lieber nicht ausrutschen, ganz ungefährlich wäre das nicht.

Wie komme ich dort hin?

Die Wanderung startet bei einem kleinen Parkplatz im Parque de Merendas, nahe der Nordküste der Insel in Ponta Delgado. Eigentlich könnte die Wanderung ein Rundweg sein, sodass man nicht den gleichen Hin- wie Rückweg laufen muss. Daher hat man hier die Wahl, in welcher Richtung man startet. Eigentlich. Denn bei mir wird es etwas anders laufen..

Ich nehme den Weg der zunächst durch einen Teil am Stadtrand führt, der eher an eine Geisterstadt erinnert. Denn der erste Kilometer führt eine Straße rauf, links und rechts nur lehrstehende Häuser. Ob diese wohl nur während der warmen Monate als Ferienwohnungen genutzt werden?

Es geht steil bergauf..

Sobald die Straße endet, ist man auch schon mitten in einem dichten Wald. Hier gibt es keine Levada der man folgen kann, denn das ist sozusagen eine ganz normale Wanderung. Also wenn man den Weg findet zumindest. Ich bin zwar der felsenfesten Überzeugung, einem Pfad in den Wald gefolgt zu sein. Doch plötzlich stehe ich ratlos mitten im Fluss. Wo bin ich hier? Das ist doch auf keinen Fall richtig. Oder?

Kurz meditiere ich und denke an die vielen Episoden von Man vs. Wild mit dem Überlebenskünstler Bear Grylls, die ich geschaut habe. Dabei muss ich doch auch etwas gelernt haben? Es ging doch um mehr, als nur zu sehen, wie der Kerl dicke Maden futtert?

Es rattert kurz und ich schaue mich auf der anderen Uferseite nach Fußspuren oder abgeknickten Ästen um. Und siehe da, ich entdecke eine vielversprechende Stelle.

Sieht jemand den Weg?

Ich folge dem, was ich für einen Pfad halte. Der führt mich auf der anderen Seite vom Fluss immer weiter einen Berg hinauf. Und so richtig glücklich bin ich mit meiner Entscheidung gerade gar nicht. Das kann doch nicht richtig sein. Denn der Wald wird immer dichter und ich habe merklich Schwierigkeiten, hier einen Weg reinzuinterpretieren. Bin wohl doch kein so guter Fährtenleser.

Irgendwann wird es mir zu bunt. Ich bin hier auf jeden Fall irgendwo falsch abgebogen. Und da ich ja zu einem Wasserfall will, halte ich es für die beste Idee, einfach den Berg runter zu stolpern bis ich zurück an den Fluss komme. Dem könnte ich dann flussaufwärts folgen und dann müsste ich auch schon da sein.

Der Weg hinunter runter ist wirklich beschwerlich, denn der lose Boden gibt immer wieder nach, wirklich Halt finde ich nicht. Immer wieder muss ich mich beim runterschliddern an Ästen festhalten, die meinem Körpergewicht nicht gewachsen sind.

Mit matschigen Knien komme ich dann aber doch am Fluss an und höre schon den Wasserfall. So weit kann ich also nicht sein und ich bin erstmal sehr erleichtert. Am Flussufer entlang laufe ich weiter und entdecke kurze Zeit später einen klar markierten Pfad.. der aus dem Wald auf der anderen Flussseite kommt! Ich bin also ganz am Anfang einfach völlig falsch gelaufen und komme erst jetzt wieder auf den richtigen Pfad.

Von hier wird es einfacher. Einfacher, aber eben nicht ganz einfach. Denn immer noch geht es im Flussufer über Stock und Stein – nur eben mit dem Wissen, dass das nun auch so sein soll. Es dauert noch ein paar Minuten bis ich feststelle, dass sich die Strapazen gelohnt haben. Denn hier ist der erste von zwei Wasserfällen, die ich Heute ansteuern wollte: der Rabo do Burro. Zu Deutsch Eselschwanz. Ausgefallener Name für einen ebenso außergewöhnlichen Wasserfall.

Der wunderschöne Eselschwanz Wasserfall

Die Umstände waren es in jedem Fall Wert. Der Wasserfall steht mitten im dichten Dschungel umgeben von großen Farnblättern. Im Flussbett liegen umgefallene Baumstämme, die sich prima als führende Linien in Fotos einbauen Lassen.

Auf dem rechten Flussufer gibt es auch einen kurzen Pfad der einen trockenen Fußes näher zum Wasserfall bringen kann. Hier lassen sich auch noch mal tolle Perspektiven Finden, um den Wasserfall auf Bildern zwischen Farn einzurahmen.

Für mich ist das auf jeden Fall der schönste Wasserfall auf Madeira!

Madeiras schönster Wasserfall: der Rabo do Burro

Nach einem ausgiebigen Katerfrühstück (trocken Toast und eine Cola) geht es weiter zur nächsten Etappe, auf zur Flohgrube, dem Poço das Pulgas Wasserfall. Doch dies mal nehme ich direkt den richtigen Weg, das sollte einiges vereinfachen. Und tatsächlich ist der Pfad von hieraus gut ersichtlich. Es geht für eine Weile weiter durch den dichten Wald und jede Menge Höhenmeter lassen den Puls steigen.

Dann muss man den Fluss kreuzen und zwar ziemlich genau am Kopf des Wasserfalls, an dessen Fuß ich eben noch stand. Das ist nicht ganz ungefährlich, falls man hier ausrutscht geht es direkt 10m in die Tiefe. Und ich sag es mal so: ich war den Tag vermutlich der einzige Wanderer hier. Eigentlich keine so attraktive Vorstellung.

Übergang am Kopf des Wasserfalls

Von hieraus wird es etwas matschiger. Der Regen dringt trotz des Dickichts zum Boden durch und immer wieder rutsche ich weg. An der Stelle sei noch mal betont, dass die Wanderung wenn es regnet oder kürzlich geregnet hat wirklich nicht zu empfehlen ist.

Ein kleines Highlight ist noch mal eine hölzerne Leiter auf dem Weg. Das hat einen wirklich urigen Charme.

Holzleiter auf dem Weg zum Poço das Pulgas

Es ist nicht mehr weit und ich erreiche endlich auch den zweiten und letzten Wasserfall für Heute. Die Flohgrube, bzw Poço das Pulgas Wasserfall fließt über mehrere Kaskaden in eine schöne Lagune. Ringsherum ist alles dicht bewachsen und es fühlt sich wirklich nach Urwald an.

Der wunderschöne Poço das Pulgas Wasserfall

Auch wenn ich einen holprigen Start hatte und die Bedingungen im strömenden Regen alles andere als ideal sind, bin ich dennoch froh diese Wanderung gemacht zu haben. Sie ist für mich die spannendste, vor allem aufgrund der Abgeschiedenheit mitten im Urwald der Berge Madeiras. Die beiden Wasserfälle, vor allem aber der Rabo do Burro, sind wirklich außergewöhnlich schön gelegen, wenn auch nicht ganz einfach zu erreichen.

Poço das Pulgas Wasserfall

Der Hinweg hat mich ziemlich ausgelaugt und ich habe keine große Lust auf neue Abenteuer. Daher entschließe ich mich, nicht den Rundweg zu laufen und nehme die selbe Route wieder zurück zum Auto. Außerdem habe ich ja einen größeren Teil des eigentlichen Weges aufgrund meines Fauxpas noch nicht gesehen und bin gespannt, wie einfach es hätte sein können.

Und ja was soll ich sagen. Ein Pfad über gehäufte Steine ist klar sichtbar zu beiden Seiten mit Farn markiert. Wie Leitplanken geleitet er mich zurück zur Straße. Wie habe ich das denn nur übersehen können?

Zurück an der Lichtung kurz vor der Straße sehe ich dann aber doch blaue Hinweisschilder, die in die richtige Richtung zeigen. Die muss ich wohl wirklich leider übersehen haben. Es ist also auch möglich, ohne Umherirren zum Ziel zu kommen..

Es hätte so einfach sein können: der Weg zum Poco das Pulgas

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Der letzte Wasserfall der 25 Fontes
An der Caldeirão Verde

Na dann viel Spaß beim nachmachen!

Comments:

  • Micha

    17. März 2021

    Wirklich schöne Fälle.
    Mich erinnert diese Geschichte an unser letztes Abenteuer mit Chrissy, als wir zu einem natürlichen Pool beim Königsbachfall (Königssee) wollten. Wir haben versucht das Ziel vom See aus zu erreichen und mehr oder weniger parallel zum Wasserfall die Wand hinauf gestiegen. Anfangs war es noch flach und der Weg ziemlich eindeutig. Später dann nicht mehr. Feuchter Boden, steile Hänge. Ständig hat man Geröll los getreten. Die Wege haben sich immer wieder verzweigt und man ist dauernd in eine Sackgasse geraten. Oder du musstest dich an Wurzeln hoch ziehen. Die letzten 10 oder 20 Höhenmeter haben wir dann nicht mehr gemacht. War uns zu riskant. Und der Weg zurück war auch nicht so leicht. Irgendwie mussten wir an einer 10m hohen Felswand vorbei, aber wir kannten den Hinweg nicht mehr. Hatte mich innerlich schon darauf eingestellt in der Felswand zu übernachten, sollten wir es nicht schaffen. Aber nach viel Trail and error hatten wir es dann doch runter geschafft.

    Und den ganzen Aufriss hätten wir uns erspart, wenn wir den Weg parallel zur Steilwand gelaufen wären.

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