San Carlos de Bariloche
San Carlos de Bariloche ist eine Stadt im nördlichen Teil Patagoniens und zeichnet sich durch seine ausgeprägte Seen- und Berglandschaft aus. Im Winter ist der nahegelegene Cerro Catedral eines der beliebtesten Skigebiete Argentiniens und im Sommer lockt die Ortschaft vor allem Wanderer aus aller Welt an – z.B. auch mich.
Als ich nach mehr als 26h Anreise ab Berlin endlich in Bariloche angekommen bin fühle ich mich sofort vertraut mit der Stadt. Denn vieles erinnert mich an meine Zeit in der Schweiz: alpenländische Chalets mit Erkern und Balkonen zieren das Straßenbild und beim schlendern steigt mir unnachgiebig der Duft heißer Schokolade in die Nase.
Bariloche ist seit der frühen Besiedlung in den 1890er Jahren von deutschen Händlern geprägt. Nachdem die Stadt mehr und mehr anwuchs wurde begann man in den 1930er Jahren das Stadtbild nach der vor allem bei den Deutschen beliebten alpinen Architektur umzugestalten. So wurde unter anderem das Stadtzentrum „Centro Civico“ völlig neu errichtet. Daraus folgte, dass die Schweizer, aber vor allem aber auch Deutscher Gemeinschaft in Bariloche immer weiter anwuchs. Doch daraus entstand auch ein dunkles Kapitel in der Bürgerschaft der Stadt.
Denn nach Ende des zweiten Weltkrieges flohen viele Kriegsverbrecher des Nationalsozialistischen Deutschlands nach Bariloche und wurden zu ehrbaren Bürgern der Stadt. So war der ehemalige SS Hauptsturmführer Erich Priebke noch bis zu seiner Auslieferung an Italien im jähre 1995 ein hochangesehener Bürger der Stadt und bis zuletzt sogar Vorsitzender des Vereins der deutschen Schule in Bariloche. Welche Spuren er wohl da hinterlassen haben mag?
Fakt ist, dass ich häufiger Fotos von Häusern finde, deren Dächer vor nicht allzulanger Zeit noch mit Schwarz-Weiß-Roten Flaggen behangen waren!
Trivia: eine Vielzahl an Büchern und Filmen unterstellt, das Adolf Hitler und Eva Braun nach der Eroberung Berlins 1945 die Flucht gelungen sei. Sie hätten sich demnach auf einer Farm in der Umgebung von Bariloche Niedergelassen und hier bis zum Ende Ihrer Tage heiße Schokolade getrunken (Simon Dunkel: Grey Wolf / Abel Basti: Bariloche Nazi Touristen Guide)
Was liegt wo
Meine Unterkunft: Achalay Hostel
Ein schönes, älteres Haus wurde so umgebaut, dass es als Hostel funktionieren kann. Und zwar so, wie man es sich vorstellt:
Es gibt ein großes Wohnzimmer als öffentlichen Bereich mit Couches und einem Kamin für gemütliche Stunden. In der Ecke sitzt ein zotteliger Deutscher und erfüllt den Musikwunsch den nun wirklich niemand mehr hat: Wonderwal von Oasis. Die Küche ist gut ausgestattet und die sparsamen Reise-Gourmeggles können sich hier mit bestem Geschirr Nudeln mit Ketchup zubereiten.
Etwas in die Jahre gekommen
Die Zimmer sind gemütlich aber abgelebt – und auch den Bädern täte eine Renovierung gut: damit auch tatsächlich Wasser aus der Duschbrause kommt, muss ich den Schlauch mit einer Hand abdichten.
Herrlich, genau so muss ein gut besuchtes Hostel sein!
Ansonsten ist es in laufbarer Distanz zu allen interessanten Punkten. Aber Achtung: auch wenn alles nur wenige Blocks entfernt liegt: die Straßen in Bariloche sind sehr steil am Hang gebaut und nach einem langen Tag des Wanderns im patagonischen Gebirge können die 200m von der Bushaltestelle bis ins Hostel recht lang werden..
Mein Einzelzimmer kostet ca. 10€ pro Nacht inkl. Frühstück.
Tipp: wie fast überall in Argentinien gibt es auch hier 5% Rabatt bei Zahlung in Bar.
Der Einstieg in die Natur Patagoniens
Circuito Chico
Der Circuito Chico ist ein sehr sehenswerter Rundweg durch den Nahuel Huapi Nationalpark etwas nördlich von Bariloche, der sich am besten mit dem Rad abfahren lässt. Mit mindestens 27 km durch die abwechslungsreiche und ausgesprochen fotogene Landschaft beschäftigt einen die Tour den guten Teil eines Tages. Außerdem lassen sich viele der anderen Highlights von Bariloche mit der Tour verbinden und man hat die Möglichkeit, abgelegene und verstecke Aussichtspunkte durch kleine Umwege mit dem Rad bzw. einem kurzen Fußmarsch anzusteuern.
Der Fahrradverleih befindet sich auf der Halbinsel Llao Llao an der Bushaltestelle „Km 18,3“. Räder können zwischen 10 und 18 Uhr ausgeliehen werden und kosten bei Barzahlung zwischen 1.050 und 1.200 AR$. Ich entscheide mich für die teurere Variante mit besseren Stoßdämpfern, Hydraulikbremsen und ein paar Gängen mehr. Dadurch verspreche ich mir Vorteile bei den bergauf-Passagen.
Spoiler Alarm: ich musste trotzdem zwischendurch mal absteigen und schieben.
Da es die Räder erst ab 10 Uhr gibt, entscheide ich mich vorher noch auf den Cerro Campanario zu wandern. Dieser liegt bei „Km 18,0“ und ist entsprechend nur 300 m vom Fahrradverleih entfernt. Nach der kurzen Wanderung bin ich dann auch aufgewärmt für die Tour.
Cerro Campanario
Die 30 Minuten Aufstieg auf den beliebtesten Berg von Bariloche entlang der etwa 1 km langen Strecke sind sehr schweißtreibend – denn auf dem kurzen aber sehr steilen Stück überwandet man 240 Höhenmeter. Zwischendurch brauche ich immer wieder einen Moment um mal tief durchzuatmen. Da ich vor den anderen paar Wanderern nicht schwach wirken will, tue ich so, als würde ich die Strecke auf der Karte nachschauen. Aber eigentlich wissen alle Beteiligten, warum ich auf das Handy starre und lächeln mir verständnisvoll zu. Denn wirklich verlaufen könnte man sich hier nicht.
Ich schiebe die schwache Leistung auf den Jetlag nach immerhin mit als 26h holpriger Anreise und freue mich, am Gipfel angekommen zu sein. Hier oben gibt es Aussichtsplattformen in alle Himmelsrichtungen. Zum Beispiel auf die Halbinsel San Pedro, auf der eine Villa mit Pool neben der anderen zu erkennen ist. Hauptsächlich Ferienhäuser der wohlhabenden Großstädter, erklärt man mir. Und auf die Isla Victoria, der größten Insel des Nahuel Huapi Sees.
Trivia: Nahuel Huapi bedeutet übrigens „Insel des Jaguars“ in der Sprache der indigenen Bevölkerung. Damit ist die Isla Victoria gemeint, die dem See also den Namen gibt. Ein Guide erklärt mir, dass es dafür zwei gängige Theorien zur Herkunft des Namens gibt:
- Das kriegerische Volk der Insel war stark wie ein Jaguar
- Im See leben sehr viele Otter und diese wurden als Jaguar des Wassers bezeichnet
Mir gefällt die zweite am Besten.
Hinkommen: mit dem Bus Nr. 20 vom Centro Civico zu „Km 18“ bzw. Cerro Campanario.
Kosten: 40 AR$/Strecke für den Bus
Aufstieg: kostenlos bzw. Alternativ kann man auch mit dem Lift hochfahren – für 330 AR$
Nun geht es also doch aufs Rad. Nach den ersten sehr entspannten 2km habe ich mich mit meinem Drahtesel angefreundet und komme bei der Moreno Brücke an. Hier könnte man Kayaks ausleihen, um den Moreno See und die umliegenden Berge vom Wasser aus zu erkunden. Oder man lässt wie ich den Blick über das Wasser mit den schneebedeckten Bergen im Hintergrund schweifen. Außerdem kann man hier das letzte mal durchatmen, bevor gleich die erste schwierige Bergetappe kommt.
Zentimeter für Zentimeter kämpfe ich mich langsam bergauf. Mir ist der Kampf mit der Steigung ins Gesicht geschrieben und dennoch überhole ich hin und wieder Leute die ihr Rad schieben – und auch nicht viel glücklicher mit der Situation scheinen.
Doch die Mühe lohnt sich. Am Ende der Steigung ist ein Aussichtspunkt mit freiem Blick über den Moreno See. Besonders sticht das Hotel Llao Llao hervor, welches malerisch in die grüne Landschaft gebaut wurde (dazu später mehr).
Kurze Zeit später komme ich an der Patagonia Brauerei vorbei. Diese liegt direkt am Wasser und auf der großen Sonnenterrasse kann man die vielen Biersorten verkosten. Also könnte man, denn leider macht sie erst zum Mittag auf.
Die nächsten 8 km führen vorbei an der Bahia Lopez und dem versteckten Waldsee Lago Escondido. Danach komme ich an eine Kreuzung an der ich entweder weiter auf dem direkten Rückweg bleiben, oder über einen Waldweg zur Villa Tacul fahre. Dort gibt es neben beliebten Badestränden abseits der Stadt auch versteckte Aussichtspunkte und die Möglichkeit auf den Cerro Llao Llao zu wandern.
Da ich der Meinung bin, für den Moment genug geradelt zu sein und eine Pause verdient zu haben, laufe ich also auf den Cerro Llao Llao – etwas Abwechslung muss schließlich sein.
Cerro Llao Llao
Der Anstieg auf den Cerro Llao Llao ist etwas länger und verläuft flacher als der zum Cerro Campanario. Und es gibt auch keinen Lift als Alternative. Das ist auch gut so, denn der Weg führt durch einen wirklich schönen und dichten Mischwald aus Pinien, Kirschen und naja.. anderen Bäumen. Der Ausblick vom Cerro Llao Llao gefällt mir viel besser, da hier keine Villen oder Hotels den Blick in die Wildnis stören.
Hinkommen: mit dem Bus Nr. 20 vom Centro Civico zum Hotel Llao Llao oder alternativ mit dem Rad als Teil des Circuito Chico
Kosten: 40 AR$/Strecke für den Bus
Hotel Llao Llao
Das Hotel Llao Llao in dem kleinen gleichnamigen Ort liegt auf einem Hügel zwischen dem Moreno See und dem Nahuel Huapi. Es wurde ursprünglich in den frühen 1940er Jahren gebaut, brannte kurz nach der Eröffnung nieder und wurde schließlich 1939 tatsächlich in den Betrieb genommen. Heute ist es das teuerste Hotel Argentiniens und Übernachtungen scheinen ab 700 USD möglich zu sein.
Das trifft zwar nicht ganz meinen Geldbeutel, dennoch entscheide ich mich für einen Zwischenstop auf dem Rückweg zum Fahrradverleih am Ende des mittlerweile verregneten Circuito Chico. Leicht durchnässt und verschwitzt betrete ich also das 5 Sterne Resort und ziehe zu meiner Verwunderung keine entgeisterten Blicke auf mich. Selbstsicher gehe ich in die Lobby Bar und genieße in einem etwas altbackenen Sessel die perfekte Kombination aus Bier (welches mit in der geschlossenen Brauerei verwehrt blieb) und heißer Schokolade gegen die Kälte in den Knochen.
Meine Stichproben haben im übrigen ergeben, dass es hier die beste heiße Schokolade der Stadt gibt!
Neben dem Hotel steht die hölzerne Kapelle San Eduardo, die ebenfalls einen Besuch wert ist.
Sendero de los Arrayanes
Der Sendero de los Arrayanes ist ein Fußweg parallel zu Teilen des Circuito Chico, der nahe des Hotels Llao Llao beginnt. Hier gibt es eine besonders große Anzahl an Arrayánen. Das ist eine rindenlose Baumart mit leicht rotem Holz, die es ausschließlich im nördlichen Patagonien in der Grenzregion zwischen Chile und Argentinien gibt.
Man kann den Weg sehr gut mit einem weiteren Ausflug nach Villa Tacul verbinden um die Orte zu erreichen, die zuvor mit dem Rad schwierig anzufahren waren.
Trivia: Arrayán Bäume gehören zur Familie der Myrtengewächse. Sind daher also mit der Gewürznelke und der Guave verwandt. Wer hätte das gedacht?
Refugio Frey
Das Refugio Frey ist eine Berghütte in Bariloche größtem Skigebiet, dem Cerro Catedral. Der Aufstieg beginnt dort, wo nach einem Tag voller Spaß im Schnee alles endet: an den Après-Ski Hütten im Ort Catedral. Von dort aus geht es für die kommenden Stunden dem Bergrücken entlang, von dem aus man eine super Aussicht ins Tal und den dortigen Lago Gutierrez hat. Zwischendurch bietet ein dichter Wald eine willkommen erfrischende Abwechslung von der gnadenlosen Sonne im offenen Feld.
Der Weg vom Parkplatz, der auf 950 m liegt bis zum Refugio auf 1700 m Höhe beträgt etwa 12 km und ist in Summe sehr entspannt zurück zu legen. Lediglich die letzten 1,5 km sind sehr anstrengend, da man hier wieder vollständig der Sonne ausgeliefert ist und der Weg kontinuierlich Stiel bergauf führt. Nach ca. 4h oben angekommen, bietet die Berghütte ein schattiges Plätzchen und man kann sich mit kühlen Getränken und warmen Essen vom Aufstieg wieder stärken.
Das Refugio liegt am Rand der in einem Krater gelegenen Laguna Tonchek. Da mir in der prallen Sonne noch immer zu warm ist, gehe ich kurz in der angenehm eiskalten Lagune schwimmen – und bin damit der einzige den ich im Wasser sehe.
Die Berghänge sind bei meinem Besuch teilweise noch schneebedeckt und laden groß und klein zum spielen ein. Es werden Schneeengel gebaut, etwas zu vereiste Schneebälle geworfen und eine Plastiktüte wurde als Schlitten verwendet. Herrlich!
Trivia: wer möchte, kann auf der Hütte auch übernachten. Entweder gratis im selbstmitgebrachten Zelt oder für AR$ 1000 in einem der zur Verfügung gestellten Betten. Dafür ist eine Anmeldung mind. 3 Tage im Voraus notwendig und das geht hier!
Josephin
Hey, vielen Dank für deine tollen Berichte über Patagonien.
Ich habe auch vor im Januar und Februar nach Chile, Argentienien zu reisen. Tatsächlich habe ich mit dem Gedanken gespielt Bariloche auszulassen, da es dort in den Monaten Jan und Feb nur so von Touristen wimmeln soll. In welchem Monat warst du denn da und würdest du Bariloche auf jeden Fall empfehlen ?
Vielen Dank für deine Hilfe
LG Josephin
Peter
Hallo Josephin,
ich war auch im Januar dort und fand es eigentlich gar nicht so überlaufen.
Also natürlich hast du die HotSpots nicht für dich allein – es ist aber nicht so schlimm wie im Sommer in Italien 🙂
Mir hat Bariloche sehr gut gefallen und ich würde es nicht auslassen, falls es die Zeit erlaubt. War ein guter Einstieg in das, was Patagonien zu bieten hat: Berge, Schokolade und Craft Bier